12. Norwegian Wood (This Bird Has Flown)

Autor: Lennon/McCartney | Aufgenommen: 12. und 21. Oktober 1965 | Veröffentlicht: 7. Dezember 1965

Nicht als Single veröffentlicht

„Norwegian Wood“ greift auf eine Inspirationsquelle zurück, die aus dem Rock’n’Roll nicht wegzudenken ist: Sex. „Ich wollte über eine Affäre schreiben, ohne meine Frau wissen zu lassen, dass ich über eine Affäre schrieb.“ Nicht nur das: Lennons sehr persönliches Songwriting sollte von nun an fester Bestandteil seiner Arbeit werden.

Lennon stellt das gängige Rollenklischee auf den Kopf: „I once had a girl/ Or should I say, she once had me.“ Er erzählt von einem nächtlichen Techtelmechtel mit einer erfahrenen Frau, die ihr eigenes Apartment hat, ihre eigene Karriere – und Herren gerne mal auf ein Glas Wein in ihre Wohnung bittet. Sie ist also das Gegenteil des Frauentypus, der in früheren Songs beschrieben wurde.

McCartney erklärte später, dass die Mädchen aus Swinging London ein Faible für Möbel aus norwegischem Holz hatten. „Insofern war der Song schon eine Parodie. Es war natürlich immer billige Kiefer. Aber, Cheap Pine‘ hätte als Songtitel nicht funktioniert.“

Auch wenn es die Geschichte einer Affäre mit einem Mod-Groupie ist, erzählt Lennon sie aus einer erwachsenen Perspektive. Er lässt das dama-lige London aufleben, be-schreibt, wie er die Nacht in ihrem Apartment verbringt (und in der Badewanne aufwacht), wie er es ist, der verführt wird, wie er nervös auf ihrem Teppich sitzt, bis sie schließlich sagt: „It’s time for bed.“ Angesichts der verklausulierten Andeutungen war Cynthia Lennon wohl nicht die einzige, die sich beim Versuch einer Interpretation die Zähne ausbiss. Als er morgens alleine aufwacht, heißt es: „I light a fire“: Soll das bedeuten, dass er das Haus in Brand steckt? Lennon hat sich dazu nie geäußert, während McCartney durchaus der Meinung ist, dass die Brandstifter-Theorie so verkehrt nicht ist.

Während Lennon 1980 behauptete, dass „Norwegian Wood“ „completely my song“ sei, hatte er dem ROLLING STONE zehn Jahre früher noch erzählt, dass „Paul bei den mittleren acht Takten geholfen hat“. Laut McCartney habe er sogar nur die ersten Zeilen fertiggestellt. „Das war alles, kein Titel, kein Nichts“.

Harrisons Sitar-Debüt ist sicher das herausstechendste Detail des Songs, doch „George hatte die Sitar gerade erst bekommen“, so Lennon, „und ich fragte ihn, ob er das Ding überhaupt spielen könne. Er war sich nicht sicher, wollte es aber versuchen.“ Harrison hatte die Sitar auf dem Set des zweiten Beatles-Films „Help!“ entdeckt. Fasziniert kaufte er ein Instrument, spielte mit ihm herum und nahm später sogar Unterricht bei Ravi Shankar. Gleichzei-tig entdeckte er für sich die fernöstlichen Lebensweisen und Religionen, die ihn sein ganzes Leben lang begleiten sollten.

Als er sich 1990 an diese Zeit erinnerte, beschrieb Harrison sein Sitarspiel als „reichlich rudimentär. Obendrein war es ein billiges Exemplar, das ich mir gerade erst gekauft hatte. Aber das war damals eben die Attitüde der Band: Wir waren offen für alle neuen Einflüsse. Wir beschäftigten uns mit den unterschiedlichsten Sachen – Stockhausen, Avantgarde – und vieles davon landete auf unseren Platten“.

„Norwegian Wood“ wurde als kreativer Meilenstein gewürdigt. Brian Jones zollte Harrisons Sitar in der Stones-Nummer „Paint It, Black“ Tribut, während sich Dylan mit „4th Time Around“ an einer Parodie versuchte. Er bestand darauf, Lennon die Nummer persönlich vorzuspielen. „John war schon verunsichert, weil ihn die anderen Beatles ob seines Dylan-Faibles „ständig durch den Kakao zogen“. Er befürchtete, dass Dylan ihm nun eins auswischen wollte. „Er fragte mich:, Gefällt es dir?‘ Ich sagte ihm ehrlich, dass es mir nicht gefalle.“ Später gab er zwar zu, dass er es doch mochte, aber die Tage von Lennons ungebremster Dylan-Verehrung waren gezählt.

Auf dem Album: „Rubber Soul“

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