CD: New Noises Volume 115

Passend zum Frühlingsbeginn bringen wir Licht in Pop-Gefilde – mit weißem Soul von Matthew E. White und bittersüßem Songwriter-Folk von The Milk Carton Kids

01. Jedes Jahr erreichen uns dutzende Newcomer aus dem skandinavischen Indie-Dunstkreis. Die Entdeckung im Jahr 2010 waren zweifellos Junip. Dabei gibt es das schwedische Trio bereits seit Ende der Neunziger. Doch erst auf ihrem zweiten Album entfaltet die Band sein gesamtes Soundspektrum. Im dunkel funkelnden Eröffnungsstück „Line Of Fire“ rauschen flächige Synthesizer durch ein Spalier pulsierender Akus­tikgitarren. Und José González singt sich in Trance, wie es sonst nur Thom Yorke vermag.

02.  Atmosphärisch mag es auch Gemma Hayes. Auf ihrem mittlerweile vierten Album „Let It Break“ verwebt die aparte Irin wieder verträumten Folk mit zartem Pop. In „Shock To My System“ tanzt ein liebliches Glockenspiel um ihren somnambulen Gesang, bevor das Stück zu einem erhebenden Orches­terstück anschwillt. Und wir rätseln weiter, was Hayes Musik so verführerisch macht. Ist es musikalische Fragilität oder doch nur Kindchenschema?

03.  Mit reichlich Verspätung erschien hierzulande das grandiose Debüt von Matthew E. White. Dass der amerikanische Songwriter sonst in der Avantgarde-Jazzband Fight The Big Bull den Ton angibt, merkt man in „Big Love“ maximal in den Arrangements. Der Song ist nämlich ein subtil groovender Soul-Wahnsinn mit knarzenden Bläsern, Honky-Tonk-Piano, Streichern und Chören.

04.  Gitarre, Cello, Ukulele, ergänzt um zwei Frauenstimmen: Das sind die Zutaten, aus denen zur Zeit die meisten Folkpop­alben gekocht werden. Boy haben mit diesem Rezept einen unwahrscheinlichen Erfolg gefeiert. Das dänische Duo Monkey Cup Dress würzen das Ganze in „That Gentle Will“ mit einem stoischen, voranstampfendem Rhythmus und einem geradezu Abba-esken Refrain.

05.  Als männliches Pendant dazu könnte man the Milk Carton Kids bezeichnen, auch wenn Kenneth Pattengale und Joey Ryan wesentlich traditionalistischer veranlagt sind. Die beiden Kalifornier wandeln auf uralten Folk-Spuren und wirken dabei eher zeitlos als unzeitgemäß. In „The Ash & Clay“ singen sie so schön wie dereinst die Everly Brothers oder deren beste Nachfolger Simon & Garfunkel.

06.  Seit mehr als zehn Jahren veröffentlicht er in regelmäßigen Abständen Platten von verlässlich guter Qualität. Vielleicht ist Josh Ritter eine Spur zu bescheiden, um mit Pomp & Circumstance für seine wundervolle Singer/Songwriter-Kunst zu werben. „Hopeful“ muss jedoch keine Vergleiche scheuen. Die entspannte Ballade mit perlendem Klavier lässt an John Lennons „Mind Games“ denken.

07.  Der Hype eilt Benjamin Petersen voraus. So wurde der junge Songwriter von den Färöer-Inseln schon vor Erscheinen seines Albums „Ghost With Skin“ mit Etiketten wie „Rock’n’Roll-Jesus“ belegt. Zu solchen Begeisterungsstürmen wollen wir uns nun nicht gleich hinreißen lassen, auch wenn Benjamin – zugegeben – ziemlich viel kann. In „Inner Beast“ zum Beispiel verbindet er MGMT-Pop mit halsbrecherischen Gitarrenläufen im Stil eines Dick Dale.   

08. Einer der faszinierendsten Singer/Songwriter kommt dieser Tage aus Schweden. Daniel Norgren musiziert ebenso vergangenheitsverliebt wie visionär zwischen Klangcollagen, traditionellen Folk-Anleihen und verwehtem Roots-Rock. Und macht dabei noch auf One-Man-Band, indem er sämtliche Instrumente selbst spielt, egal ob Akkordeon oder Schlagzeug. „Whatever Turns You On“ ist ein mitreißender Song, der auch John Fogerty gefallen könnte.

09.  Über den Riff von „Missing You“ von River Giant dürfte sich indes Neil Young freuen, denn das Stück badet einmal ausgiebig in schönster Down-By-The-River-Rockgitarren-Seligkeit. Die Harmonien der Band aus Seattle erinnern dagegen mehr an Crosby, Stills & Nash oder eine lässige Version der Fleet Foxes. Für den transzendentalen Folk-Rock-Sound ist Chris Early verantwortlich, der schon die Band Of Horses produzierte.

10. Auch die Beatles stehen mal wieder Pate, diesmal für eine Band mit, nun ja, internationaler Besetzung. Denn Almost Charlie sind im Wesentlichen der Berliner Multiinstrumentalist Dirk Homouth und der New Yorker Songwriter Charlie Mason. Gemeinsam schreiben sie federleichte Popstücke wie „Open Book“ , in dem Homouth die stimmliche Mitte zwischen John Lennon und Elliott Smith findet.

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