Clash der Verhältnisse

Die Frauenband in Schwarz wollte keine Fotos: „Schaltet eure Handys aus!“ So stand es auf DIN-A-4-Plakaten im Bar-und Bühnenbereich im Kreuzberger Lido zu lesen. Und nur vereinzelt blitzten im Publikum Mobilgeräte auf, um das Londoner Quartett Savages auf Speicherchip zu bannen. Eine wohltuende Erfahrung ohne Multimedia-Geflacker, die bestens zum schnörkellosen Vortrag der französischen Sängerin Jehnny Beth (alias Camille Berthomier) passte. Wo das Debütalbum „Silence Yourself“ mit Parolen auf dem streng designten Cover daherkommt, konzentrieren sich die Damen beim Livevortrag vollends auf die Musik. Kurze Ansagen, schlichte Lichtshow, keinerlei Deko oder Showklamotten. Stattdessen kompakt sägende Riffs, über denen sich der Gesang von Mrs. Beth windet. Und ja, sie klingt auch live nach Siouxsie Sioux. Doch wo die Ahnherrin der Goth-Ästhetik ihre Lyrics theatralisch modulierte, verzichtet man hier auf jedes expressive Lametta. Schnörkellos 2013. Auch können die Savages den genialen Dilettanten des Punk nur wenig abgewinnen. Jehnny Beth, Gemma Thompson (git), Ayse Hassan (Bass) und Drummerin Fay Milton gründen ihre Songs auf der soliden Beherrschung ihrer Instrumente. Klassisches Handwerk für den Clash der Verhältnisse. Im stakkatohaften „Hit Me“ huldigen sie dem Hardcore-Kult der Porno-Ikone Belladonna. Kämpferisch wird formuliert, dass es Schlimmeres gibt als zerbrochene Herzen. Und immer, wenn ihre Soundwände ins Eintönige abgleiten und man daran denkt, vielleicht ein neues Bier an der Theke zu ordern, setzt es einen neuen Adrenalinstoß, der jeweils von ihren Singles „Fly To Berlin“ und „She Will“ ausgeht. Das Publikum reagiert mit einem Auf-und-Nieder-Gewackel nebst einiger gereckter Fäuste. Kein Pogo, sondern eher stetige Attacke. So groovt der Sägesound der schwarzen Schwestern.

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