Das Wohlfühl-Kästchen – Kochen, Yoga und Gitarrenheiden: Bei Nintendo DS wird immer mehr auf den erwachsenen Gelegenheitsspieler gezielt

Fortgeschrittene Zocker, die nur vor der Konsole glücklich werden, haben höchstens ein verächtliches Lächeln übrig für den kleinen Kasten. Nintendo DS? Nur für Kinder. Dabei sieht man seit einiger zeit immer häufiger, dass Mütter sich die Geräte ihrer Kinder schnappen oder erwachsene Männer, die bisher nur bei allergrößter Langeweile am Computer gespielt hätten, fast hysterischen Ehrgeiz entwickeln, um bei „Dr. Kawashimas Gehirnjogging“ den Rang eines Intellektuellen zu erreichen. „Casual Gamer“ nennt man diese Leute in Fachkreisen.

Vorbei die Zeiten, als mit dem winzigen Kasten nur Pokemons gefangen oder virtuelle Hunde Gassi geführt wurden. Immer mehr Nintendo-DS-Spiele fassen ganz gezielt Erwachsene ins Auge. Nach dem „Augen-Training“ und „Mein Vital-Couch (Spielend zur Traumfigur)“ sind gerade „Mein persönlicher Yoga-Trainer“ und „Paint“ erschienen – die Wellness-Welle ist also auch hier angerollt. Auf „Kochkurs – Was wollen wir heute kochen?“ folgt im Oktober „Koch doch mal! Mit Jamie Oliver“.

Action und Gewalt fallen aus, stattdessen wird auf ein bisschen Bildung gesetzt, auf Spannung, Spaß und Spiel – und jetzt kann sogar gerockt werden. Wer die Nintendo-Version „Guitar Hero: On Tour“ spielt, muss natürlich auf die große Plastikgitarre, die es für die Playstation gibt, verzichten, auch breitbeiniges Stehen entfällt dadurch. Stattdessen steckt man ein kleines Tasten“Griffbrett“ auf das Gerät und schrammelt mit einem Piektrum auf dem Display. Keine ganz authentische Erfahrung, doch die Spielvarianten entschädigen dafür: Erst mal üben oder gleich „Karriere“ machen? Eine „Gitarrenschlacht“ versuchen? Als „Pandora“, „Memphis Rose“ oder „Gunner Jaxon“? Mit Flying V oder Les Paul? Wer ein echter Gitarrengott werden will, muss nicht nur die richtigen Akkorde treffen, sondern nebenbei rauchende Verstärker ausblasen, „Rock’n’Roll“ schreien und Zettel signieren. Nach 15 Minuten schmerzt jede Hand.

Die Songauswahl von „Guitar Hero: On Tour“ weist unmissverständlich auf das Zielpublikum hin. Welches Kind würde sich schon noch an die Twisted Sister-Hymne „We’re Not Gonna Take It“ erinnern? In den 80er Jahren Sozialisierte können sich auch an Europe und Skid Row, an Ozzy Osbourne und Kiss probieren. Oder doch lieber Nirvana, No Doubt und Bloc Party? Tokio Hotel gar oder Beatsteaks?

Wer für all das zu unmusikalisch ist, kann demnächst seine Allgemeinbildung testen („Power Quiz“) oder mit „Mein Wortschatz-Coach“, das nur der Auftakt ist zu einer breitangelegten „Coach“-Reihe, neue Vokabeln lernen, um andere so eventuell noch mehr zu beeindrucken als mit Saitenhieben. Wie war noch mal das Fremdwort für „Blender“?

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