Der Opern-Moloch

Die gewaltige Show „The Wall“ geht mit Waters erstmals auf Reisen.

Als Waters „The Wall“ entwarf, waren die Bilder schon im Kopf. In den Konzerten der „In The Flesh“-Tour 1977 hatte er die Entfremdung erlebt, das Totalitäre in der Rockmusik zu erkennen geglaubt und sich an Syd Barretts Wahnsinn erinnert. Alles keine Themen für ein hedonistisches Rock-Event!

„The Wall“ wurde aus technischen Gründen – und weil Waters nie wieder in einer großen Arena spielen wollte – nur an vier Orten (Los Angeles, New York, Dortmund und London) 36-mal aufgeführt. Der Illustrator Gerald Scarfe machte aus den für das Album angefertigten Illustrationen riesige Puppen sowie Filme, in denen Männer von Vaginas gefressen, Kinder durch Fleischwölfe gedreht und ganze Landschaften von marschierenden Hämmern zertreten werden. Sensibilität ist kein Begriff, der in Waters‘ künstlerischem Vokabular vorkommt.

Kernstück war die Mauer, die während der ers- ten Hälfte der Show Stein für Stein aufgebaut wurde und die Band schließlich verschwinden ließ. Danach spielte vor den Quadern eine Ersatzband; nur wenige Male waren die originalen Floyd zu sehen. Im großen Finale zerspringt die große weiße Wand – der Protagonist hatte Gefühle gezeigt und wurde vom Weltgericht zur Verletzlichkeit verurteilt. Tear down the wall!

1990 führte Roger Waters sein Werk noch einmal auf, in Berlin, auf dem ehemaligen Todesstreifen am Potsdamer Platz. 20 Jahre nach den ursprünglichen Konzerten erkannte Waters die Gelegenheit für ein politisches Manifest nach dem Ende des Kalten Krieges. 300.000 Menschen sahen eine seltsam fremdelnde Megashow, zu der man trotz Staraufgebot (Joni Mitchell, Van Morrison) keine Beziehung aufbauen konnte. Die nun laufende Welttournee von „The Wall“ macht diesen Fehltritt wett. Die Inszenierung (für die alle Elemente überarbeitet wurden) verweist auf Waters‘ gelungene Konzerte der letzten Jahre. schlü

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