Die Luxusklasse

Mit Sonder-Editionen und aufwendigen Box-Sets reüssiert die Musik- Branche im Hochpreis-Segment.

Gute Neuigkeiten für Pixies-Fans: Im Herbst erscheint in den USA „Minotaur“, ein limitiertes Box-Set mit den fünf Studio-Alben der Band (auf Vinyl, CD, DVD und Blu-Ray) sowie einer Konzert-DVD, zwei Posters und einem 54seitigen Buch mit Artwork, verpackt in einer aufwendigen Klappschachtel. 495 Dollar wird die Box kosten. „Die erste Reaktion ist oft: ,Wow, so viel für ein Box-Set?'“, sagt Jeff Anderson, dessen Firma Artist In Residence die Box gestaltet hat. „Ich sage dann: ‚Wartet, bis ihr’s seht. Unsere Sachen sind nicht billig, aber wenn man sie erst in Händen hält, weiß man auch, warum das so ist.'“

Das klassische Box-Set ist einer neuen Welle von Mammutpaketen gewichen, die Hardcore-Fans anlocken und ein bisschen Extra-Cash ins marode Musikbusiness pumpen sollen. Kürzlich erschienen Neil Youngs lang erwartete „Archives“ zehn Blue-Ray Discs für 240 Euro. In den USA liegen aktuell zudem aufwendige Box-Sets der Dave Matthews Band (mit 14 Lithografien des Sängers) und von Eric Clapton und Steve Winwoods „Live At Madison Square Garden“ vor.

Ebenfalls nur daheim veröffentlichten die Beastie Boys kürzlich eine mit Stoff bezogene Ausgabe ihres ’92er Albums „Check Your Head“ auf Vinyl für 100 Dollar. „Es mag kitschig klingen, aber es geht um eine Platte, zu der viele Leute eine enge Beziehung haben“, sagt Mike D von den Beasties.

Alles Kleinkram im Vergleich zu manch anderen Sets: Die gigantische „Beacon Box“ der Allman Brothers Band umfasst für schlappe 499 Dollar 45 Discs mit sämtlichen Auftritten ihrer mehrjährigen Konzertreihe im New Yorker Beacon Theatre. Und Mitte Oktober erscheint in Deutschland Miles Davis‘ komplettes Columbia-Repertoire in einer 77-CD-Box.

Für den Handel, aber auch für die Plattenfirmen sind solche Packages wegen der hohen Herstellungskosten nicht ohne Risiko. „Da diese Sets nicht retournierbar sind, bestellen wir sie meist nur auf Anfrage, insbesondere bei Importen“, bestätigt Ina Winkels vom Berliner Plattenladen „Mr Dead & Mrs Free“.

Andererseits ist es natürlich genau die kleine Nische der „Ultrafans“, wie Adam Block von Legacy Records sie nennt, auf die man mit solchen Produkten abzielt. Die Sammler-Edition des Pearl Jam-Klassikers „Ten“ verkaufte Legacy in den USA 10 000 Mal. Und auch in Deutschland wurden die Erwartungen trotz des hohen Preises von 120 Euro erfüllt, so der auf Re-Issues und Sonderausgaben spezialisierte Promoter Eric Rauch. „Wenn sie gut gemacht sind“, sagt Block, „können diese Sets sehr profitabel sein.“

Nicht für jeden: „Von der Pearl Jam-Box haben wir ein Exemplar verkauft“, sagt Winkels. Trotz überwiegend älterer Käufer seien auch Künstler mit langer Karriere und umfangreichem Back-Katalog nicht automatisch ein Garant für gute Absätze: „Dylan läuft immer“, so Winkels. „Aber Youngs ,Archives‘-Box ist vielen schon zu teuer.“

Zumal jenen, die keinen Blue-ray-Player haben.

Ein sicheres Zeichen dafür, dass die Industrie sich von den protzigen Packages trotzdem gutes Geld verspricht, ist die Tatsache, dass ständig mehr angekündigt sind. So wurde eben eine über 100 Euro teure Box von Placebo veröffentlicht, im August kommt das Debüt der Stone Roses um zwei Discs erweitert, es wird ein Package mit allen Genesis-Live-Alben geben und eine weitere Elvis-Kollektion.

„Diese Sonder-Editionen sind das musikalische Äquivalent eines Coffee-Table-Books“, sagt Mike D. „Wir sollten richtig ehrgeizig werden und einen ganzen Tisch daraus zaubern.“

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