Die Tindersticks und Adam Green – eine ungleiche Paarung, die Spaß macht

MÜNCHEN, MUFFATHALLE. Eine feine Idee war das, Adam Green ins Vorprogramm der Tindersticks zu packen. Nicht, weil sich die Künstler besonders ähnlich sind, sondern weil beide Format haben. Das schreibt jemand, der sich ein paar Tage zuvor nach einem schönen Lloyd-Cole-Set aus Höflichkeit noch durch die Schwangerschaftsgymnastik (die Elfe trug die Leibesfrucht wie eine Kommode vor sich her) von Heather Nova gekämpft hat Adam Green kam mit Band. Man hatte ja insgeheim noch gehofft, er würde sich vielleicht Tindersticks-Geiger Dickon Hinchliffe ausborgen, um sein famoses „Friends Of Mine“-Album angemessen umzusetzen. War aber gar nicht nötig, denn wie die erweiterten Moldy Peaches im letzten Jahr macht die neue Begleitung (am Bass auch hier Steven Mertens) live eine Menge Spaß.

Der erste Song ist Rock’n’Roll, wie sich das für eine Band aus New brk heute nunmal gehört Doch dann gibt Adam den Crooner, steht ohne Gitarre nur mit dem Mikro da, schwellt die Brust, wirft sich mit mächtig Hall auf der Stimme in zwei der schönsten Songs dieses Jahres – „Friends Of Mine“ und JFrozen In Time“ – und tänzelt wie ein flügellahmer Vogel, wirft sein Mikro in die Höhe, kriecht auf dem Boden, hopst zu „Bunnyranch“ über die Bühne. Jede Pose scheitert grandios. Einen Song scheint er ohne Begleitung zu improvisieren – mit einemlext, den wir nicht zitieren können, ohne rot zu werden. Natürlich gibt’s auch die Single Jessica Simpson“, leider nicht die B-Seite, das kuriose Beach Boys-Cover „Kokomo“, dafür aber das famose „Bungee“: „She went bungee jumping/ One fine day/ Off the cliffs of our friendship/ And at the bottom she stayed.“ Fast eine lakonische Tindersticks-Tragödie.

Deren Sänger Stuart Staples trägt nun Schnauzbart. Freddie Mercury oder Marcel Proust? Nach den ersten Tönen nur noch eine rhetorische Frage. Fast stoisch steht er da, kein Poseur, auch kein Spaßmacher wie Green. Warum auch. Die Musik bringt genügend Licht ins atmosphärisch ausgeleuchtete Dunkel und die Songs des epochalen ersten und des schönen zweiten Albums erscheinen einem wie schon oft durchlebte Träume: „City Sickness“, „A Night In“, herrje.

Auch die amerikanische Nacht „Curtains“ hat ihre Spuren hinterlassen, vom neuen Album erinnert man Hinchliffes schönes „Until The Morning Comes“ und das famose, ans dichte Frühwerk erinnernde „Say Goodbye To The City“. Da sind sie in Hochform, ein Orchester braucht’s nicht, um die düstere Spannung dieser Songs aufzuführen.

Mittendrin dann ein paar marginale Songs, von Alben, die man schon fast vergessen hatte. In diesen Momenten sind die Tindersticks kaum mehr als ein pathosbeladener Mitternachtschor. Doch dann die Zugaben „Let’s Pretend“, „Desperate Man“, „Raindrops“ und schließlich „Tiny Tears“. Für die Ewigkeit. Das Publikum wippt und schunkelt. Und man meint auf der Leinwand schemenhaft Adam Green zu erkennen, wie er hinter der Bühne tanzt.

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