Die Toten Hosen – Bayreuth, Oberfrankenhalle

Die wissen, wie's geht: Die Toten Hosen sind live fast perfekt und wirken trotzdem nie bloß routiniert

Das erste Konzert ist immer das schwerste. Man merkt das nicht bei den Toten Hosen. Der Auftakt in der ausverkauften Halle ist schlau inszeniert: „Kalinka“ kommt vom Band, dann beginnen die Hosen mit „Zurück zum Glück“, dem Titelsong vom aktuellen Album. Sie spielen etliche neue Stücke, und die fügen sich nahtlos ein. Beruhigend. Die größte Sorge – dass die Fans irgendwann nur noch den alten Kram hören wollen – sind sie erst mal los. Auch von Dramaturgie versteht die Band inzwischen viel, da wird nicht nur dauernd auf die Zwölf gehauen. Die Ballade „Nur zu Besuch“ gerät so bewegend, dass man sich fragt, was danach folgen soll. Eigentlich logisch: „Steh auf, wenn du am Boden bist“.

Es gibt Bierdosen und Wasser für die ersten Reihen von Campino, und Andi samt Bass zum Anfassen obendrauf. Am Ende kommen natürlich noch all die Brüller – „Walkampf‘, das jetzt schon alle mitsingen können, außerdem „Zehn kleine Jägermeister“ und „Bis zum bitteren Ende“, drei Zugaben und die Liverpool-Hymne „You’ll Never Walk Alone“. Schönen Gruß, auf Wiedersehn.

Nach dem Konzert beginnt hinter der Bühne sofort die Fehleranalyse.

„Man ist nie so ganz zufrieden“, sagt Kuddel der eigentlich gar nicht so unglücklich aussieht. Und auch Andi findet, dass es „schon okay“ war. Ein paar kleine Lektionen aber merken sie sich: Wenn man ins Publikum springen und da weitersingen will, braucht man einen Spot, sonst sehen einen die meisten Leute gar nicht, bis man das bengalische Feuer anzündet. Hätte man dran denken können! Aber im Zweifelsfall ist Lässigkeit doch viel sympathischer als Perfektionismus.

Wenn man Songs von The Clash spielt, sollte man nicht damit rechnen, dass das Publikum die kennt. Außer „Should I Stay Or Should I Go“, aus der Jeans-Reklame. Aber „Guns Of Brixton“? Das war wohl ein klassischer Showstopper – bei so vielen Hits aber auch egal. Also wird doch noch die eine oder andere Flasche geöffnet und gefeiert. In München, zweieinhalb Wochen, ein knappes Dutzend Konzerte und eine Nebenhöhlenvereiterung des Sängers später, machen die Hosen dann gleich gar keinen Fehler mehr. Sie starten mit „Alex“, so dass sofort alle außer Rand und Band geraten, und dann bringen sie sogar jeden in der Olympiahalle dazu, „Ich würde nie zu den Scheiß-Bayern gehen“ zu grölen. Unfassbar! Weil Weihnachten vor der Tür steht, kommen als Überraschung die Biermösl Blosn mit Gerhard Polt auf die Bühne.

Es ist alles perfekt an diesem Abend und sieht keine Sekunde nach vorschriftsmäßiger Routine aus. Die Toten Hosen geben immer alles, aber man merkt ihnen nie an, wie anstrengend das ist. Das ist ja ihre Kunst.

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