Die zehn Gewinner 2014

Mit Bob, Sebastian, Beyonce und iPhone 6.

Was war das für ein Jahr! ja, was war das eigentlich für ein Jahr?

Ein Jahr, in dem das supereigentümliche, fein gedrechselte, sepiafarbene Doppelalbum eines bis dahin praktisch niemandem bekannten kanadischen Songwriters Album des Jahres werden konnte. Ein Jahr, in dem Bruce Springsteen es erstmals nicht unter die ersten 25 der Kritikerliste schaffte. Ein Jahr der Überraschungen also. Ein Jahr mit dem Kopf in den Wolken.

Oder wer hätte sich vor zwölf Monaten vorstellen können, dass Borussia Dortmund auf den letzten Platz der Bundesligatabelle rutschen, ein Linker tatsächlich zum Ministerpräsidenten eines Bundeslandes gewählt werden und nicht ein einziger zündender Band-Hype aus England kommen würde? Stattdessen: Bayern München regiert (keine Überraschung), Rot-Rot-Grün regiert (mittlere Überraschung), Ben Watt, Roddy Frame und Damon Albarn, die großen älteren Herren von der britischen Insel, treten mit großen, überzeugenden Alben hervor (ziemliche Überraschung). Und während sich die drei honorigen und etwas sentimentalen Männer in zum Heulen schönen Betrachtungen ihrer ersten Lebenshälfte ergingen, waren es junge, kühle Frauen, die sich um die Fortentwicklung der Popmusik kümmerten: die amerikanische Hitkonstrukteurin Taylor Swift zum Beispiel oder die britische Soundforscherin FKA Twigs.

Ansonsten: Monolithische Klötze überall, in denen Vergangenheit zelebriert wird. Die ganz echten Basement Tapes! Die Beatles ganz original in Mono! Led Zeppelin ganz vollständig in allen nur denkbaren Demoversionen! Und: Doppelalben. Nicht nur John Southworths „Niagara“, das Kritikerlieblingsalbum des Jahres, kommt auf zwei Schallplatten (oder CDs), auch Tweedy, Foxygen und Lucinda Williams, um drei gute zu nennen, veröffentlichten große doppelformatige Erzählungen. Alles natürlich auch immer auf Vinyl. Wertbeständig wie die Rolling Stones, die 2014 tatsächlich nach Deutschland kamen.

Was nicht mehr so arg wächst wie der Vinylmarkt, ist das Ozonloch. Dennoch verbraucht China noch immer so viel Kohle wie der Rest der Welt zusammen, pfeifen die USA auf verbindliche Klimaziele, kommt auch bei der 20. Klimaschutzkonferenz nicht viel rum. Die Welt, herrje: Hunderttausende fliehen vor islamistischem Terror, die Grünen welken unter der denkbar trostlosesten Parteispitze dahin, Joko & Klaas sind das neue „Wetten, dass..?“

für Unter-18-Jährige, Minuszinsen machen uns klamm, und Google macht uns abhängig. Nur Angela Merkel, vom „New Yorker“ als kühle Herrscherin der Welt geadelt, hat gut lächeln, und ihre Deutschen, als sich in einer utopie- und ideologiefreien Republik einkuschelnde Konsumisten erkannt, dürfen sich auf einen ewigen Flow pragmatischer Unaufgeregtheit in einer hysterischen Welt einstellen. Unerschütterlich wie eine Vinyl-Box.    

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