Dschungelcamp, Tag 3: Die Beichten

Selten kam der Tag der Entäußerung so früh. Zum dritten Mal geht die Sonne über dem Dschungelcamp auf, als Gunter Gabriel, auf einem Baumstamm sitzend, richtig bemerkt, dass sein Leben "eine einzige Katastrophe" sei.

Mit David Ortega sitzt Gunter Gabriel leider ein Mann gegenüber, dessen Leben zwar womöglich eine einzige Katastrophe wird, der aber vollkommen taub für Gunters Hadern ist. Gunter laviert: „Ich komme durchs Leben durch, das ist klar.“ Diese Wendung hört man manchmal. Sie ist sozusagen eine Tautologie, ja Selbstverständlichkeit: JEDER kommt durchs Leben.

Rolf Zacher kommt durchs Leben, indem er sich dumm stellt. Ausgerechnet Jürgen hat den anstrengenden Hagestolz adoptiert und führt ihn zur Beschwerde zum Dschungeltelefon. Rolf fühlt sich ungerecht behandelt: Er glaubt, dass das laute Grillenzirpen von der perfiden Aufnahmeleitung von Schallplatte eingespielt werde. „Wie heißt das?“ murmelt der Verpeilte. „Geräusche?“ schlägt Jürgen vor. „Nein – wie heißt die Veranstaltung hier?“ Jürgen: „Dschungelcamp.“ Dann erfreut Rolf sich an dem absichtlich so ausgesprochenen Wort „Dschungel-KAMP“ und wiederholt es gleich. Jürgen führt „Opa“, wie er ihn liebevoll nennt, wieder zum Lager.

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 „Sie sieht so traurig aus“, hat David korrekt erkannt. Helena Fürst hat sich offenbar zu eine Selbstbestrafung (und zugleich Bewerbung fürs Trash-Unterhaltungsfach bei RTL) gerüstet und wird von den Zuschauern folgerichtig immer wieder zu den Prüfungen geschickt, „Nie aufgeben!“ ist ihr Motto. Brigitte Nielsen weiß, was Helena bekümmert: „Ich sehe, sie hat’s Problem mit die Männer.“ Sonja Zietlow erinnern die routinemäßigen Moves der Show-Veteranin Nielsen an einen „Orca in ,Seaworld'“: Sie macht es, aber sie macht es nicht gern.

 Das Elend von Sophia liegt offen zutage – was nicht bedeutet, dass sie nicht auch offen darüber sprechen kann. Als Mädchen wurde sie gehänselt: zu dick. Vier Nasen- und einige Brustoperationen sowie zahllose Botox-Einspritzungen in die Stirn später gesteht sie: „Ich weiß, glaube ich, gar nicht, wie ich auf Menschen wirke.“ Gunter sagt es ihr: „Man schaut gar nicht mehr auf die Augen, weil man immer auf diese großen Brüste schaut.“ Und das ist ja doch das, was Sophia offenkundig ganz gern hat.

 Auch im anderen Lager ist der Moment der Beichte. Thorsten Legat, der Cyborg, litt an Missbrauch durch seinen tob- und alkoholsüchtigen Vater, der auch die Mutter prügelte. Vater „hat alles versoffen“. Menderes‘ Vater ist tot, und der Sohn hat keine Anleitung im Leben, keine Sicherheit, kein Selbstvertrauen. Er weiß aber, wie er wahrgenommen wird: „Ich bin einfach ein Spinner, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.“

 Vielleicht stößt das Dschungelcamp hier an seine Grenzen. Es ist ein niederschmetternder Zusammenschnitt menschlichen Leids, und Sonja Zietlow und Daniel Hartwich kommentieren sehr wenig. Davids Monolog über den Dinosaurier als Brückentier zum Vogel („Die Dinosaurier müssen ja Scheiße gebaut haben“) ist das Vergnüglichste, was bisher im Dschungelcamp geredet wurde, und Hartwichs Off-Kommentar „Sie haben seit 65 Millionen Jahren Hausarrest“ zeigt, dass der Autor Micky Beisenherz nicht in der Krise ist. David Ortegas Leben muss keine Katastrophe sein.

 Es könnte eine ordentliche Fernsehkarriere werden.

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