Elegante Outlaws

Morton Valence bieten burlesken Pop und ein eigenes Geschäftsmodell.

Der Mann sieht aus wie eine Mischung aus Sportfischer und Guerillero: buschiger Schnauzbart im unrasierten Gesicht, weiß-goldene Kapitänsmütze auf dem Kopf, dazu ein Uniform-Hemd mit farblich passender Burberry-Krawatte. Robert Hacker Jessetts heißt dieser lebhafte End-3Oer, der beim Reden gerne auch die Arme benutzt. Seine Begleiterin Anne Gilpin ist entschieden ruhiger und trägt grob gestrickte Wollsocken zum kurzen Hängekleid – eine reizende, mädchenhafte Erscheinung. Gemeinsam bilden die beiden Londoner den Kern von Morton Valence, einer insgesamt fünfköpfigen Band, deren Debütalbum „Bob And Veronica Ride Again“ in England bereits hymnische Lobgesänge erntete. „Alluring and seductive“ schwärmt „Uncut“, und das „Q-Magazine“ vergibt vier Sterne für den „delicious burlesque pop“.

Viele Songs klingen, als würde eins der legendären Pop-Pärchen – Nancy & Lee oder Serge & Brigitte – mit The Jesus & Mary Chain als Backingband antreten. Auf dem Album-Cover posieren die beiden als Bonnie & Clyde – verwegen, irgendwie sexy.

„Wir sehen uns ebenfalls als Outlaws“ erklärt Anne, „weil wir unter unseren eigenen Bedingungen arbeiten.“ Tatsächlich haben Morton Valence trotz chronischem Geldmangel ihr eigenes Label Bastard Recordings gegründet und das komplette Debütalbum selbst finanziert – mit einem Aktienmodell: „Wir haben 100 Anteile an dem Album ä 300 Pfund an Fans und Freunde verkauft“, erklärt Ann, und Rob ergänzt: „Die Branche gibt sich nach außen gerne cool und lässig, aber soweit ich das beurteilen kann, werden die meisten Musiker wie Fußabtreter behandelt.“

„Bob And Veronica Ride Again“ enthält nicht nur Musik, sondern auch ein 110-seitiges Büchlein mit einer von Robert Hacker Jessetts geschriebenen Novelle gleichen Namens, quasi die Langfassung der 13 Songs, die alle um die Beziehung von Bob und Veronica kreisen.

„Nein!“, wehrt sich Sängerin Anne Gilpin gleich zu Beginn des Gesprächs gegen den Verdacht, die beiden Romantiker könnten ein Paar sein. Ihr Begleiter setzt ein süffisantes, unendlich breites Playboy-Lächeln auf und behauptet dreist: „Gestern abend waren wir noch ein Paar, aber heute morgen bin ich mir da nicht mehr so sicher.“

Egal, wie man solche Aussagen wertet – die musikalische Zusammenarbeit funktioniert bereits seit zehn Jahren. Die beiden trafen sich im Rahmen einer gemeinsamen Tanztheater-Produktion. Kurze Zeit später gründeten sie zusammen mit einem Keyboarder die Electro-Pop-Band Florida, die auf Gudrun Guts Monika-Label 2002 eine Single veröffentlichte. „Man bot uns damals einen Albumdeal an, aber da der Keyboarder uns kurz vorher verlassen hatte, waren wir nur noch ein A-cappella-Duo. Und das war’s dann für eine ganze Weile“, seufzt der Sänger und Songwriter. Ihre neue Band nannten Anne und Rob nach der Stadt, in der sich ihr alter Proberaum befand: Morten Valence. „Dahinter könnte sich ein alternder Crooner verbergen, oder eine Motorradmarke. Es ist ein Name, der uns zuflog, und nun fliegen wir mit.

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