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Emilie Nicolas ist mit ihrem cleveren Elektro-Pop auf dem Weg zum Star

In ihrer Heimat Norwegen feierte die Sängerin bereits große Erfolge. Ihre Karriere begann mit einer Hörprobe, die sie bei Soundcloud hochgeladen hatte.

Emilie Nicolas – das s ist stumm – ist in ihrer norwegischen Heimat ein kurioser Star. Wie es nur wenigen Künstlern gelingt, bewegt sie sich dort elegant zwischen Mainstream und Szene, zwischen musikalischer Ambition und Radio-Anbiederung. Vom einheimischen Feuilleton geschätzt, erreichte sie vergangenes Jahr mit ihrem Debüt, „Like I’m A Warrior“, das nun auch in Deutschland erscheint, den ersten Platz der Charts. Das Øyafestivalen, das größte Festival Norwegens, buchte sie sofort für diesen Sommer. Nicolas ist binnen weniger Monate zum national treasure geworden.

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Nicolas lebt den digitalen Traum junger Musiker

„Es ging alles so wahnsinnig schnell“, erzählt sie. „Ursprünglich hatte ich bei SoundCloud nur eine Hörprobe hochgeladen, weil ich mich damit bei einem kleinen Festival bewerben wollte. Und auf einmal bekam ich Nachrichten aus ganz Europa, von allen möglichen Plattenfirmen, die mich unter Vertrag nehmen wollten.“
Es ist eine Internet-Erfolgsgeschichte, der digitale Traum junger Musiker. Von SoundCloud zu Sony Music, wo sie schließlich unterschrieb, und das innerhalb eines Jahres.

Der Major-Label-Hintergrund bedeutet aber keine künstlerische Einschränkung, wie sie betont.„Es sind meine Melodien, meine Texte, meine Ideen, meine Lieder. Es ist wirklich ein Solo­album.“ Was für Nicolas, die einen Hochschulabschluss in Jazzgesang hat, keine Selbstverständlichkeit ist, war sie doch bisher in erster Linie Teil eines Quartetts und eben keine Solokünstlerin.

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Eine Vorliebe für Jazz entwi­ckelte sie schon als Kind. „Ich konnte noch gar nicht lesen, aber ich wusste ja, wie meine Lieblingsplatte aussieht. Die habe ich dann immer aus dem Schrank genommen und mein Vater hat sie aufgelegt.“ Sie spricht von „Getz/Gilberto“, dem Bossa-nova-Meisterwerk von 1964. „Etwas Schöneres hatte ich noch nie gehört. Ich wollte sofort anfangen, selbst Musik zu machen.“

Mit sechs nahm sie dann Klavierunterricht, bald darauf lernte sie klassische Gitarre. Billie Holiday und Keith Jarrett beein­druckten die junge Sängerin und Pianistin so nachhaltig, dass sie sich nach der Schule dazu entschloss, aus ihrer Heimatstadt Oslo nach Trondheim zu ziehen und Jazz zu studieren.

Keine gesichtslose Pop-Chanteuse

Ihrem Album „Like I’m A War­rior“ hört man diese Einflüsse allerdings kaum an. Sie singt meist sanft und lässt die Töne mit leisem Vibrato ausklingen; auch ihre Phrasierung orientiert sich mehr an Lana Del Rey als an Billie Holiday. Und die Musik selbst? Die ist zeitgemäß produzierter Elektro-Pop und erinnert vor allem an Nicolas’ schwedische Kollegin Robyn und die schottische Band Chvrches. Der kommerzielle Erfolg in der Heimat scheint sich den epischen Refrains und tanzbaren Beats zu verdanken.

Nicolas ist jedoch keine gesichtslose Pop-Chanteuse. Im Gegenteil, sie ist charismatisch und begabt, und es wäre keine Überraschung, wenn ihr schon mit dem nächsten Album ein qualitativer Quantensprung gelingen würde. Es sieht für sie ja gerade alles bestens aus. „Ich will die Art Musikerin werden, die hinter jedem ihrer Lieder wirklich stehen kann. Für viele Leute wird es zu einer Industriesache, denke ich, und das soll mir nicht passieren.“

Ragnar Singsaas Redferns via Getty Images
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