Ex-Mitglieder der berüchtigten Girlgroup Go-Go’s versuchen es nun in den neuen Bands FROSTED und THE DELPHINES

Des Interviewers Alptraum wird wahr. 1995: Allein mit vier temperamentvollen Ladies im Hotelzimmer – und keine interessiert sich richtig für einen. Die Go-Go’s zogen es zu ihrem Comeback vor, sich lustvoll in die Haare zu kriegen. Klar, es ist nun mal für eine Reunion nicht gerade zuträglich, wenn die eine recht erfolgreich ist, die andere schon weniger, eine weitere gerade wegen Schwangerschaft ausfällt und der Rest allein nichts auf die Reihe bekommt. Kein Wunder, daß diese wiederbelebte Proto-Punk-Pop-Girlgroup der späten Siebziger nur ein paar Auftritte durchhielt.

„So eine Band hat viel Geschichte, und es kamen Sachen hoch, deretwegen man sich schon vor 15 Jahren gestritten hat“, bedauert Jane Wiedlin das schnelle Ende. Als das körperlich kleinste, musikalisch aber potenteste Go-Go-Girl stand die Gitarristin lange nur auf Rang zwei der Popularitätsskala hinter der Sängerin Belinda Carlisle. Mitderweile aber ist Belinda ganz ins seichte Fach gewechselt – und nun ist es Jane, die mit ihrer neuen Band Frosted die aufregende Energie aus früheren Zeiten aufleben läßt Ebenfalls kein Vergleich zu ihren drei Solo-Alben, deren letztes, „Tangled“, allerdings auch schon wieder sieben Jahre her ist. Viel zu sehr waren damals ihre Platten von den Produzenten dominiert. So zog sie sich auf ihre Ranch zurück und folgte sechs Monate lang diesem Cowboy-Guru, einem horsewhisperer, der den Menschen beibringt mit Tieren zu sprechen. Leider war der Guru gut zu Pferden, prügelte aber seine Kinder.

1993 schrieb Jane Wiedlin dann wieder Songs, und es wurden so viele, daß eine Rückkehr ins Musikgeschäft als einzige Lösung blieb. Der letzte Auslöser war jedoch die geplatzte Rückkehr ihrer Go-Go’s. Statt in dieser wiederbelebten Girl-Truppe ist Jane nun nur die Sängerin einer ansonsten typischen Jungen-Band. Ist man da vor Streit gefeit? „Absolut nicht – aber Streitereien gehen hier schneller vorübet Und außerdem: I am the boss!“ Und weil ihr in der Vergangenheit besonders übel aufstieß, daß Plattenfirmen einem Mädchen mit einsfünfzig Körpergröße fast unweigerlich das so lästige cute-Image aufdrücken, stellt sie in „Disintegrated“, ihrem Opener auf dem Album „Cold“ gleich energisch klar, wo es jetzt für sie langgeht: „I’m not a girl anymore.“ Das Frosted-Debüt kam bereits vergangenes Jahr in den Staaten heraus, erlitt jedoch das Schicksal so vieler Platten, die in dem luftig aufgeblasenen Apparat eines trägen Tonträgergiganten zunächst ungehört und ungeliebt versickern.

Auch zwei weitere Go-Go s tanzen gerne auf anderen Hochzeiten. The Delphines mit Kathy Valentine und Gina Schock gründeten ihren claim tofame mit einem Gig bei den Vermählungsfeierlichkeiten der Schauspielerin Anjelica Houston, auf der Platte dagegen ist kaum Feierliches, da wenig Merkfahiges zu hören. Vielleicht ja auch das klassische Schicksal der Rhythmusgruppe, die nicht nur auf der Bühne immer hinten stehen muß – wer kauft schließlich schon die SokhAlben von Bill Wyman? Dafür ist die fünfte im Bunde der Ehemaligen, Charlotte Caffey, die mit ihrer Band The Graces immer knapp am entscheidenden Poptreffer vorbeischrammte, nun als Songwriterin allerorten zu finden.

Weshalb schreiben sie denn kein Buch über die wilden Zeiten mit und ohne Go-Go’s? Belinda Carlisle hat ja bereits erschütternde Beichten üer Sex & Drugs abgelegt. „Belinda und ich haben gerade letztens darüber gesprochen, aber wenn du soviele absolut abgefahrene Sachen erlebt hast, dann willst du auch ehrlich darüber schreiben“, erklärt Jane Wiedlin. „Doch das würde bedeuten, daß man uns garantiert verklagen würde.“

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