Green Day – Hamburg, Alsterdorfer Sporthalle

Alles so schön bunt hier - Green Day mischen Punk mit Pathos und Entertainment mit Politik

Es hat ja von Anfang an keinen Sinn gemacht, bei Green Day zwischen Pop und Punk, zwischen Stinkefinger und Entertainment unterscheiden zu wollen. Viel zu eng verwoben sind all diese Identitäten in Billy Joe Armstrong, als dass man ihn zuordnen, identifizieren oder gar überfuhren können wollte.

Das neue Album, „American Idiot“, zeigt das ja so deutlich wie nie. Freilich musste sich erst US-Amerika spalten, damit Armstrong zu einer Identität jenseits des von ihm angezettelten Punkrock-Revivals mit all seinen schrecklichen Folgen durchstoßen konnte. Nichtsdestotrotz ist Green Day nach zwei ausgesprochen wackeligen Platten ein Werk gelungen, dessen Vermengung aus musikalischem Mut, politischem Mindestbewusstsein und unbedingter Markttauglichkeit kaum zu prognostizieren war.

Im Rahmen ihrer laufenden Tour betreiben Green Day die eigene Vielgesichtigkeit in jeder Hinsicht Da ist zunächst das Drumherum: Das von viel Pyro-Lärm unterstützte Bühnenbild aus mächtigen Säulen und reichlich martialischen Fahnen kommt streng in schwarz und rot, ein bisschen wie der Schlussakt im „The Waltz“-Film; eine riesige Leinwand bebildert die Punkrevolutionären Botschaften und Anti-Bush-Tiraden von „American Idiot“, das gut zur Hälfte gespielt wird. Krass gegen die ernsthaften, live noch mehr auf Rock-Oper getrimmten neuen Songs steht das vollkommen ungenierte Entertainment, das vor allem Armstrong bis ins Letzte zelebriert: Green Day gründen auf der Bühne eine Band aus Publikums-Freiwilligen, ziehen lustige Tier-Kostüme an und bitten praktisch andauernd zur audience participation time. Am Schluss steht eine banausenhafte Version von „We Are The Champions“, dazu bollern zwei Konfettikanonen. Ob das ironisch ist? Vielleicht nicht. Während die Unterhaltungsleistung stimmt, ist die Musik dazu akkurat, aber nicht umwerfend. Phasenweise stehen sechs Leute auf der Bühne, darunter zwei ältere Herren mit Hut, die abwechselnd Trompete und Klavier spielen, sogar bei den alten Gassenhauern von früher. Höhepunkt ist das gelungene „“Jesus Of Suburbia“, eins von zwei überlangen, mehrsätzigen Liedern auf „American Idiot“. Man merkt, dass Green Day, obschon der Sozialisation und dem musikalischen Vermögen nach immer noch vor allem Punk-Rocker, sich herzlich freuen über die neuen Möglichkeiten; die Dramatik stimmt, die Emphase ist noch überschwänglicher und hymnenhafter als aus der Konserve.

Ganz am Schluss bleibt Armstrong allein zurück, um im Konfettiregen ein letztes Mal sein Lied zu singen, das dann fast schon ergreifend gerät, weil es dem Mann ja aus dem Herzen kommt Wie alles heute abend.

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