Großer Hit in Germany

In ihrer englischen Heimat ist Jan Allain fast unbekannt. Doch hier zu Lande hat die sensible Songwriterin eine treue Fangemeinde

Es gibt Debüts, die werfen mehr Fragen auf als andere. Und andere als nur die üblichen. „A Kind Of Glory“ von Jan Allain ist so ein Debüt. Warum, so fragt man sich 1., braucht eine begabte Songschreiberin satte zehn Jahre, um dann mit einem Best-Of-Querschnitt bei einem richtigen Label zu debütieren? Was, so fragt man sich 2., verschlägt eine Frau aus dem pulsierenden Londoner Stadtteil Hackney in den „uninspirierendsten Ort, den ich je erlebt habe“ (Allain)?

Münster nämlich. Und wie kommt, 3., ausgerechnet Gary Kemp (ja, der Gary Kemp von Spandau Ballet) dazu, Linernotes für „A Kind Of Glory“ zu schreiben? Auf Frage 1 antwortet Frau Allain, dass es ihr lange unmöglich gewesen sei, etwas von der „Kontrolle über meine Arbeit“ abzugeben. Bis ihr klar wurde, „dass ich nicht ewig allein weitermachen kann“. Und dass so ein Best-Of nach vier selbst vertriebenen Alben doch „der naheliegende Schritt“ sei, „die Leute mit meiner Arbeit bekannt zu machen“. Die Antwort auf Frage 2 lautet: ein billiges Zimmer bei einer Freundin. Frau Allain ist nämlich pleite und braucht daher das Geld ihrer Deutschland-Gigs dringend. Aber hat sie jetzt nicht einen Plattenvertrag? Doch, hat sie. Aber leider keinen Vorschuss, sondern nur ’nen Lizenz-Deal. Und was ist mit Nummer 3, mit Mister Kemp? Ist ein „alter Schulfreund. Er hört meine Songs seit Jahren und wollte partout was schreiben.“

Kemp hatte die besten Ballet-Tage längst hinter sich, als Jan Allain sich 1988 auf einem Festival in Tübingen als „großer Hit“ entpuppte. „Ich habe mir Deutschland nicht ausgesucht“, so Allain heute, doch die Gigs hier hielten die in der Heimat nahezu unbekannte Songwriterin „zehn Jahre über Wasser“. Mehr noch. „Wenn die Balladen kommen, gehen stets die Feuerzeuge an.“ Zumindest im Lesben-Lager.

Mit ihrem nächsten, „richtigen“ Album will Allain auch die Heteros für sich gewinnen, was gelingen könnte mit Songs, die sich weder im In-Jargon verlieren noch esoterisch abdriften.

Fehlen noch Management, neue Musiker und Geld für die Produktion. Nur die neuen Songs, die fehlen nicht Allain: „Ich habe Berge von Songs -Vögel, die endlich aus dem Fenster fliegen wollen.“ Und wer macht das Fenster auf? Noch so’ne Frage

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates