„I just really fucking love you, Berlin“: William Fitzsimmons im Postbahnhof

Am 24. Februar gastierte William Fitzsimmons samt Band im Berliner Postbahnhof. Impressionen eines Abends der gegenseitigigen Zuneigung – und der Gegensätze.

Es herrscht eine andächtige, leise Stimmung im gesamten Berliner Postbahnhof – sogar bei den Getränkeständen wird bemerkenswert leise gesprochen, später sogar geflüstert. Man hat man sich schließlich versammelt, um dem Werk eines Mannes zu lauschen, dessen Backkatalog nicht gerade für ausufernde Lautstärken und Partybeats bekannt ist. Für viele ist William Fitzsimmons ein wenig spöttisch das Epitom der traurigen Bartträger mit Gitarre, deren Songs sich tonal, strukturell und thematisch oft gar zu ähnlich sind: verminderte Akkorde, minimale Kadenzen und diese ewige, bleierne Melancholie, diese Trauer tragenden Songweiden eben. Die vermeintliche Affinität zu Schwermut scheint der ehemalige Psychotherapeut Fitzsimmons durch seine Arbeit recht gut im Griff zu haben. Immer wieder unterbricht er Stücke mit Ansagen und kleinen Anekdoten, die ihn selbst zum Lachen bringen, es ihm oft sichtlich schwer zu machen, sofort wieder in den Songmodus zu wechseln.

Er ist an diesem Abend mit Bandbesetzung gekommen, ein minimalistisches Line-Up, das sich mal in Fragmenten, mal vollständig und mal gar nicht auf der Bühne versammelt, um Fitzsimmons Liedern das Nötigste beizufügen: in erster Linie Texturen, eine weitere atmosphärische Ebene, und wenn sich zwischendurch ein paar Songs doch sehr ähneln und gefühlte Längen drohen, sorgt ein aufkommender Beat dann wieder für Abwechslung.

„Lions“ heißt sein aktuelles Album, von dem er an diesem Abend viele Stücke vorstellt. Die ersten paar Stücke gleiten wortlos ineinander, erst nach einer handvoll Songs hält Fitzsimmons inne, blickt ins Publikum, das auch in den Pausen andächtig leise ist, und meint: „… I just really fucking love you, Berlin.“  Berlin wiederum liebt Fitzsimmons auch scheinbar fucking sehr, und so entsteht in gegenseitiger Zuneigung ein rund zweistündiger Abend, der quer durch die gesamte Werksperiode geht. „When I Come Home“, „Blood/Chest“, „Fade and Then Return“, „After All“, und „If You Would Come Back Home“ werden gespielt.

„Wie ihr vielleicht bemerkt habt, sind meine frühen Album wirklich verdammt traurig“, erklärt Fitzsimmons. „Und das ist ja cool, wenn man drauf steht. Ich steh‘ da nicht so drauf. Bin anscheinend kein so großer Fan vom Fitzsimmons-Katalog“, scherzt er und erklärt seinen Fokus auf die Gegensätze, ehe er weiteralbert: „Man muss nicht in einer William-Fitzsimmons-Platte leben. Und diejenigen die das doch tun: Gott sei euch gnädig“ sagt er, lacht und nimmt einen kräftigen Schluck Bier. Ironie und Albernheit als Kontrastprogramm zur Melancholie: um die Psyche des Bärtigen scheint man sich keine Sorgen machen zu müssen.

Etliche Zugaben und viele Scherze später („Mit meinem Bart könnte ich ohnehin nur bei der Al-Qaeda anfangen. Aber ich bin mir sicher, dass sie derzeit Leute einstellen“, „Ich bin Amerikaner, meine Kinder füttere ich ausschließlich mit McDonald’s. Ich liebe McDonald’s“ und vieles mehr) ist dann Schluss: Moonlight will fall / Winter will end / Harvest will come / Your heart will mend /Goodmorning, you will find love“, singt er, und verabschiedet sich mit „Good Morning“ in die Berliner Nacht. Er wird wiederkommen und sein Publikum auch. So ist das mit Liebesbeziehungen.

Für ROLLING STONE spielte William Fitzsimmons eine exklusive Version von „Fortune“. Sehen Sie das Video hier.

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