Kid Kopphausen – Die Deichkinder

Gisbert zu Knyphausen und Nils Koppruch reisten an die Küste, um als Kid Kopphausen ein gemeinsames Album aufzunehmen

Im vergangenen halben Jahr hat Jochen Hansen häufig diese Platte gehört: „Caruso“. Ein Name, der so wunderschön über die Lippen geht. Im alten Schulhaus in Emmelsbüll war das. Das ist vielleicht das nördlichste leer stehende Schulhaus der ganzen Republik. Zwei Kilometer nach Westen, und man steht im Meer; nur ein paar weiter nördlich beginnt schon Dänemark. Der nächste Supermarkt ist zehn Kilometer weit weg. Dieser Ort heißt Niebüll. Sonst gibt’s da gar nichts.

Jochen war Bassist bei Abwärts und in der Band von Rio Reiser. In dem Schulhaus hat er genau dieses Studio, das Swen Meyer für Kid Kopphausen ausgeguckt hatte. Im Januar war Jochen dann tot. Und irgendwie schien es so, als könnte die Platte von Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen gar nicht erscheinen, weil sie kein Studio mehr hatten. Und dann erzählte Jochens Frau, dass Jochen immer Nils‘ Platte gehört hatte. Sie fand das richtig schön, dass es jetzt weitergeht mit dem Studio, und dass es eben Nils und Gisbert sind, die da was aufnehmen wollen und nicht das Mundharmonikatrio aus dem Nachbarort. Und so entstand dann „I“.

„I“ ist eine einzige Räuberpistole, eine Platte für Halunken, denen der Küstenwind um den Bart weht. Und das stellen Kid Kopphausen gleich im ersten Song mal eben fest: „Ich habe Geld wie Heu/ Ich trag‘ einen Hut aus Stroh/ Immer da, wo ich bin, da brennt es lichterloh/ Ich lege Wert auf gutes Benehmen/ Ich trag‘ ein Messer zwischen meinen schiefen Zähnen.“ Armed and dangerous sind sie also, bewaffnet mit Songs. Blumfeld-Tocotronic-Rock und Liedermacher-Poesie gibt’s da, wie in „Hier bin ich“. Dann gibt’s natürlich auch die Koppruch-Songs – „Schritt für Schritt“ ist so ein Sommerfeldweg-Schlenderer -, danach ein Gisbert-Stück, und in der Mitte kommen sie dann endlich zusammen.

Das erste Mal Zusammenkommen, das war 2007, erinnert sich Koppruch. Die Songschreiber sitzen in einem Café in Berlin Mitte, draußen plärren Kinder, und die beiden strahlen um die Wette. Sie sehen aus wie ein verliebtes Pärchen. „Wir kommen ja auch gerade aus dem Urlaub“, begründet es Koppruch. Zusammen? „Nein, getrennt.“ Der Hamburger fährt fort, berichtet, wie er Gisberts Demo gehört hat, wie er ihn als Support haben wollte und wie sie dann zwei Jahre später einen Beitrag für eine Obdachlosenmagazin-Compilation gemacht haben.

Jedenfalls wollten sie dann unbedingt richtig zusammenarbeiten. Und dann ging es nach Steinfeld. Auch Meer, aber Ostsee. Zu zweit mit Instrumenten in das Häuschen eines Freundes, erste Demos aufnehmen. Als sie das zweite Mal da waren, wussten sie, das wird ein Bandprojekt. Und so kamen Alexander Jezdinsky (Schlagzeug), Marcus Schneider (Gitarre) und Felix Weigt (Bass) dazu.

Das ist schon seltsam, diese Idee, dass ausgerechnet zwei Songwriter gemeinsam eine Platte machen wollen. Diese Art von Musiker muss ja egozentrisch, egoistisch sein. Nils sagt, das stimme eigentlich schon, und mit einem Hamburger Einschlag gesteht er Gisbert dann seine Liebe: „Bis ich dich kennengelernt habe, habe ich niemanden getroffen, bei dem ich das Gefühl hatte, dir möchte ich jetzt mein Herz öffnen. Das lag an deiner Stimme.“ Und Gisbert ist wieder kurz vor dem „Höhöhö“, schmunzelt dann aber nur und sagt: „Und an meinem guten Aussehen!“

60% Kid Knypruch

10% Dylan

10% Blumfeld

10% Tocotronic

10% Reinhard Mey

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates