Klarstellung: Lou Reed sollte einst nicht mit Elektroschocks von seinen homosexuellen Neigungen „geheilt“ werden

Merrill Reed Weiner, die jüngere Schwester von Lou Reed, hat einen Essay über ihren 2013 verstorbenen Bruder geschrieben, in dem sie sich mit Gerüchten über Reeds Kindheit und die angeblich homophoben Neigungen ihrer Eltern auseinandergesetzt hat.

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Nur wenige Tage bevor Lou Reed posthum in die ‚Rock And Roll Hall Of Fame‘ aufgenommen wird, veröffentlichte seine Schwester Merrill Reed Weiner einen Artikel für das Online-Magazin „Medium“, indem sie versucht, die langjährigen Gerüchte über die angebliche Geisteskrankheit ihres Bruders zu klären.

Reed Weiner schrieb dazu, dass sie hoffe, mit ihrem Essay für etwas mehr Klarheit über die Kindheit des Sängers zu sorgen, die seit seinem Tod im November 2013 immer wieder in Boulevard-Medien diskutiert wurde. So gab es vereinzelte Gerüchte, die Eltern des Musikers hätten Reed eine Elektroschock-Therapie unterzogen, um ihn von seinen homosexuellen Neigungen zu „heilen“.

Durch die Musik fand Lou Reed zu sich selbst

„Ich hoffe, dass ich allen Familien, deren Leben durch das vorherrschende medizinische Denken der damaligen Zeit zerstört wurde, etwas Trost verschaffen kann“, schrieb die ausgebildete Psychotherapeutin. Außerdem wies sie darauf hin, dass ihr Bruder in seiner Jugend sehr ängstlich gewesen wäre und sich oft in seinem Zimmer einschloss, um keinen anderen Menschen sehen zu müssen.

„Er hatte schreckliche Panikattacken und soziale Ängste und war sehr sensibel. Sein übertriebener Fokus auf all die Dinge, die er mochte, führten ihn zur Musik – und damit fand er eine Möglichkeit, zu sich selbst zu finden“, betonte Reed Weiner. Mit 16 Jahren hatte der spätere Frontmann von Velvet Underground mit seiner Familie gebrochen und angefangen, in New York Drogen zu nehmen.

Reeds Schwester ging in ihrem Artikel mehrfach auf das amerikanische Gesundheitssystem der 60er-Jahre ein und deutete an, dass Psychiater diagnostizierte Krankheiten oftmals auf ein dysfunktionales familiäres Umfeld zurückführten und entsprechend ahndeten. Demnach fühlten sich viele Familien gesellschaftlich unter Druck gesetzt, was wiederum dazu führte, dass sie ihren Nachwuchs ausgrenzten. Wie die Verfasserin mehrfach betonte, fühlten sich Reeds Eltern bis zu ihrem Tod verantwortlich für die psychische Erkrankung ihres Sohnes.

In seiner Zeit an der Universität in New York hatte der Sänger laut Reed Weiner einen Nervenzusammenbruch. Der behandelnde Arzt stellte eine schwere Schizophrenie fest und führte sie darauf zurück, dass seine Mutter ihm nicht genügend Raum ließ, erwachsen zu werden.

Elektroschock-Therapie sollte nicht Homosexualität ‚heilen‘

Nachdem Lou Reed sich erneut einer Elektroschock-Therapie unterzog, litt er unter noch weit schlimmeren Ängsten, wie Reed Weiner schrieb. Allerdings wurden die Elektroschocks nicht veranlasst, um Reeds sexuelle Ausrichtung zu „therapieren“, wie öfter gemutmaßt wurde. „Meine Eltern waren vieles, aber homophob waren sie ganz bestimmt nicht“, stellte seine Schwerster klar.

Außerdem räumte sie mit dem Gerücht auf, dass ihr Vater gewalttätig gewesen sei und Lou mehrmals verprügelt hätte: „Ich muss sagen, dass ich meinen Vater niemals dabei beobachtet habe, wie er gegen irgendjemanden seine Hand erhob, auf jeden Fall nicht gegen uns Kinder und auch nicht gegen unsere Mutter.“

Patti Smith hält am Samstag (18. April) die Laudatio für Lou Reeds Einführung in die Rock And Roll Hall Of Fame in Cleveland. Beck wird einige Tribute-Songs spielen.

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