Melt! Festival 2014, der Freitag: Im Land der Dreiecke mit Robyn, Thees Uhlmann und einem Kalkbrenner

Festival in Ferropolis: Die Stadt aus Eisen hat nach dem Splash! Festival am vergangenen Wochenende nun Elektro- und Indiefans zu Gast. Kristina Baum lässt sich erstmals vom Sound des Festivals berieseln und berichtet ihre Eindrücke.

Willkommen im Land der Dreiecke! Wer hier Hipster schreit, hat Recht und doch ist das Melt! Festival viel mehr als ein gehyptes Stück Elektro- und Indieglückseligkeit zwischen Schaufelbaggern. Wenn man sich darauf einlässt, wird es zum bunten Kurzurlaub im Kopf – mit endlosen Raves bis in die Morgenstunden und einem Sprung in den angrenzenden Baggersee.

Kurz nach Sonnenuntergang erreiche ich am Freitag das Campinggelände und schon hier gibt es die erste rettende Erkenntnis, wie unkompliziert Securitypersonal eigentlich sein kann. Während anderes Festivalstaff mir in der Vergangenheit schon mit mieser Laune schlicht und grundlos den Weg zum Parken + Campen verweigert hat, erklärt mir der Leipziger in Warnweste seelenruhig die Lage – eigentlich ist der Campingplatz schon zu voll, Brandgefahr, aber ich könne ja trotzdem mal drauffahren, in aller Ruhe auspacken und dann das Auto zurückbringen. An so viel Freundlichkeit könnte man sich glatt gewöhnen. Tu ich auch und nehme gern weitere Nettigkeiten wie „ach, schlüpfen Sie doch hier einfach unter diesem Flatterband durch“ an. Jeder, der es schon mal gewagt hat, den Weg unter Festivalflatterband abzukürzen und somit die Autorität des Security-Mannes mit Mojave-Brille zu untergraben versuchte, weiß, wovon ich spreche.

Auf der Halbinsel von Ferropolis erstreckt sich rechts vom Wanderweg der Gremminer See in sommerlicher Szenerie, von weitem wabert ein dumpfer Beat durch das platte Land um den Baggersee und gibt einen atemberaubenden Blick auf die „Stadt aus Eisen“ preis. Inzwischen bunt angestrahlt liegt am Ende des Weges das Elektro-Tanzparadies für die nächsten Stunden und plötzlich glaube ich, dass ich, die mit elektronischer Musik eher wenig am Hut hat, tatsächlich bis morgens aushalten könnte. Zu gut drauf die Leute, die sich entspannt bis vorfreudig mit mir auf dem Fußmarsch zu den vier Bühnen des Festivals befinden, die sonst üblichen verdreckten Partygröhler und Plüschkostümträger sucht man hier (bislang) vergebens.

Das Festivalgelände des Melt! ist für Unerfahrene erst einmal unübersichtlich. Hier eine Stage, dort dröhnt es dagegen. Etwas orientierungslos verschaffe ich mir einen Überblick und bleibe bei SBTRKT an der Mainstage stehen. Feldforschung, was macht man denn hier jetzt so? Schnell merke ich, dass ich weniger steil einsteigen muss – da kommt mir Nordlicht Thees Uhlmann auf der Intro-Stage ganz gelegen. Während sich gegen 23 Uhr auf „normalen“ Festivals schon der Headliner warm spielt, ist der Indie-Musiker hier sozusagen noch Vorabendprogramm.

Die eigentliche Show startet für viele eine halbe Stunde später bei Robyn & Röyksopp, die mit auffälliger Garderobe angereist sind und ihr Publikum auf der Hauptbühne mit tanzbarem Elektropop aufheizen. Auch Fritz Kalkbrenner muss sich über unmotiviertes Publikum keine Sorgen machen, er beendet gegen 4 Uhr die Party auf der Mainstage und treibt die ersten müden Besucher zurück in ihre Zelte oder zur Gemini Stage, wo gerade Baauer basslastig und mit eingängigen Elektro-Snippets noch einmal die letzten Kraftreserven fordert.

Dieses zutiefst entspannt feiernde Publikum lässt einen die Uhrzeit vergessen: Immer noch keine unangenehm Gröhlenden, dafür galoppieren ein paar selten Plüschtierarten über das Gelände zum Bierstand und vor allem weht viel, viel Glitzer durch die laue Sommernacht. Das macht Lust auf mehr und die Vorfreude auf Samstag mit Future Islands, Metronomy, Milky Chance und Modeselektor lässt mich weitertanzen. Und inzwischen geht dann doch die Sonne auf und für mich der erste Tag des Melt! zu Ende – geschafft und Spaß dabei.

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