Musik strengt alle an

So wenig die Elektroniker von Mouse on Mars allzu simple Hypothesen mögen, so viel Spaß machen ihre Platten

Sie wissen das nicht, aber die zwei von Mouse On Mars sind die besten Öffentlichkeitsarbeiter, die die elektronische Musikszene in Deutschland hat. Jan Werner hat sich zum Beispiel mal bei einem Medienkunstfest im Karlsruher ZKM mit dem ehemaligen „Spex“-Chef Dietmar Dath aufs Podium gesetzt und – in einem witzigen, weitblickenden Dialog in antiken Ausmaßen – über die Parallelen zwischen Arbeitsmarkt und Musikproduktion gesprochen. Spielerisches Lernen fürs Publikum war das, denn so simpel, wie man’s gerne hätte, ist ja nichts.

Schon gar nicht im Electronica-Feld, das zwar längst vollwertig als Pop akzeptiert ist, aber in Sachen Abstraktion und Selbsthinterfragung den meisten Bands noch immer stiefelweit voraus ist (wenn man hier in Fortschritts-Kategorien denkt). „Denken ist nur so’n Hobby“, sagt Jan Werner kokett Ein cooles Hobby. Vor kurzem haben Mouse On Mars „Radkal Connector“ gemacht, eines der besten ihrer sechs tollen Alben, die so klingen, als ob kleine Roboter mit echten, menschlichen Muskeln spielen und singen, die freundliche, teilweise niedliche Seite der Digital-Produktion. Sie samplen nie fremde Platten und sind nach Aussage von Werners Partner Andi Thoma auch nicht mehr auf der besessenen Suche nach komplett neuen Sounds: „Eine Bassdrum kann man doch aus allem machen, wenn man es lange genug bearbeitet.“

Für die Gesänge brauchen Mouse On Mars also uneitle Leute, denen es egal ist, wenn Thoma und Werner die Stimmen an den Laptops verbiegen und zerfräsen. Gleichbehandlung für alle Klänge. Live-Schlagzeuger Dodo und die Experimental-Musikerin Niobe übernahmen das – Jeder richtige Gastsänger würde bei uns an den Punkt kommen, wo er sagt: ,Das bin ja nicht mehr ich! 4 „. Mit der Illusion, dass sich Persönlichkeiten auf Vinyl pressen lassen, haben Mouse On Mars gleich radikal gebrochen. Anders als bei vielen Elektronik-plus-Gesang-Projekten sind bei ihnen die Stimmen so in die Musik hineingeschmolzen, dass die doofe Aufteilung in Song und Hintergrundgeplänkel sinnlos erscheint.

„Musik wird doch oft verwechselt mit einer gesicherten Erkenntnis von dem, was einen freut, vorantreibt oder in Bewegung versetzt“, sagt Werner, mehr spitzbübisch als dozierend. „Dabei ist sie ein ständiges Nachziehen. Es ist viel Arbeit, sich aus dem, was da ständig an Frequenzen rauskommt, eine Musik zu bauen.“ Arbeit nicht nur für die Produzenten, auch für die Hörer. Die Anstrengung wissen Mouse On Mars zu schätzen.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates