Nachbericht: So war das Haldern 2013

Perfektes Festival-Wetter, entspannte Einigkeit im kleinen Kreis und viele handverlesene Bands zum wieder hören und neu entdecken - So war das Haldern 2013.

So war das Haldern-Festival 2013 – alle Highlights in chronologischer Reihenfolge:

Der Donnerstag – Jetpacks und treibende Elektrosongs

Am Donnerstag eröffnete der britische Singer-Songwriter Luke Sital-Singh in der Kirche in Haldern das Festival, im Spiegelzelt gab es anschließend die leider etwas unspannende Folk-Band This is Kit zu hören. Aufkommende Langeweile beseitigten die Kalifornier von Mikal Cronin, die auf der Biergarten-Bühne leider mit großen Sound-Schwierigkeiten zu kämpfen hatten – schade, Potential hat die Band mit ihrem psychedelisch angehauchten Surfrock schließlich. Im Spiegelzelt spielte danach Florian Ostertag aus Stuttgart auf, der es wie kaum ein anderer deutscher Songwriter beherrscht intelligente Texte über verflossene Lieben zu schreiben.

Mit We Were Promised Jetpacks gab es das erste kleine Highlight des Festivaltages, was sich in einem tanzenden und feiernden Publikum beim Indie-Hit “Quiet Little Voices“ abzeichnete. Als Band haben sich die Jetpacks seit ihrer ersten EP 2008 zwar nicht besonders weiter entwickelt, ein Festival-Publikum begeistern sie allerdings immer noch mühelos und routiniert.

Im Spiegelzelt spielte anschließend die hochgelobte Julia Holter, die mit ihrer Band (Schlagzeug, Saxofon, Geige, Cello) wunderbar sphärische, orchestrale Musik macht, dabei aber leider immer etwas arrogant wirkt – ein wenig mehr Lockerheit würde der Sängerin ganz gut stehen. Weiter ging ist mit der größten Überraschung des Donnerstags: SUUNS. Die Band aus Kanada spielte tragende, treibende Elektrosongs, die perfekt zum kühlen Sommer-Abend passten. Musik für die erste gemeinsame Zigarette oder den nächtlichen Schwimmbad-Einbruch. Nach dem SUUNS-Auftritt war jedenfalls klar, dass Pitchfork einen guten Riecher bewiesen hat, als sie die Band 2011 zur “Best New Band 2011“ kürten. 

Das Ende des Abends läutete John Grant mit einem perfekten Konzert im Spiegelzelt ein. Dort wurde es sogar politisch, als der offen homosexuelle Grant einen Song den aktuell verfolgten Schwulen in Russland widmete. Das Publikum dankte ihm diese Geste mit großem Applaus. Grant war es dann auch, der das Publikum zum ersten Mal richtig um den Finger wickelte und dem Spiegelzelt eine ganz neue, fast magische Atmosphäre verlieh. Zum Abschluss des Abends legte Gold Panda auf, der neben seinem aktuellen Album besonders mit Remixen für Little Boots und Bloc Party auf sich aufmerksam gemacht hatte. Ein runder Abschluss eines lockeren ersten Festivaltages.

Der Freitag – Angestaubtes im Rock’n’Roll-Waschgang

Im vom Sonnenlicht erleuchteten Spiegelzelt spielten die gut gelaunten Londoner-Jungs von Bear’s Den. Folkige Songs mit jeder Menge Mitsing-Potential, die an den Durchbruch von Bands wie Of Monsters And Men denken lassen, brachten die Spiegelzelt-Besucher schon am Mittag zum Tanzen.

Weiter ging es im Anschluss auf der Hauptbühne mit weniger folkigen Tönen. Ja, Panik! begeisterten dort mit ihrer verschwurbelt coolen Mischung aus englischen und deutschen Texten. Bei Andreas Spechtl und seiner Band lauert hinter jedem Refrain eine intelligente Idee, mit der man nicht gerechnet hätte. Mit deutschen Texten ging es weiter, Die Goldenen Zitronen traten auf. Mit einem neuen Album im Gepäck und Notenständer mit Texterinnerungen auf der Bühne wirkten die Hamburger leider ein wenig angestaubt, der Funke zum Publikum wollte nicht so richtig überspringen.

Dem etwas müden Nachmittagspublikum machten anschließend Lee Fields & The Expressionists mit ihrer souligen 60er-Jahre-Musik Beine. Im vollen Zelt gab es derweil Balthazar zu sehen. Auf der Hauptbühne spielte danach am Klavier ein gut gelaunter Tom Odell mit wehenden Hemdsärmeln auf. Der junge Sänger brachte mit seinen smarten Lovesongs so einige Pärchen im Publikum zum glücklichen Knutschen und Mitsingen. “Grow old with me / Let us share what we see /Oh the best it could be /You and I (…) We’ll still sing our song / When our hair ain’t so blonde /We’ll prove them wrong“, hieß es dort zum Beispiel.

Mit dieser guten Grundstimmung ging es weiter mit den Villagers, die dem 30. Haldern Pop strahlend ein Ständchen zum Geburtstag sangen. Selten hat man Conor J. O’Brien so entspannt und gut gelaunt auf der Bühne gesehen – eine Lockerheit, die dem sonst etwas schüchternem Sänger wirklich gut zu Gesicht steht.

Die größte Festival-Überraschung stand aber erst noch bevor: Über The Strypes munkelte man schon den ganzen Tag auf dem Zeltplatz, wie gut sie seien. Die Schlange zum Spiegelzelt war entsprechend lang und das Zelt früh voll. Die Band aus Irland, die ein Durschnittsalter von nicht mehr als 15 Jahren (!) hat, verwandelte das Spiegelzelt in einen wahren Rock’n’Roll-Waschgang. Großartige Gitarrenriffs, eine unglaublich selbstverständliche Stage-Attitude und peitschende Songs sorgten für einen der besten Spiegelzeltmomente des Wochenendes. Wenn diese Band keine Zukunft hat, dann besteht für den Rock’n’Roll wohl wirklich keine Hoffnung mehr – oder wie ein Mädchen mit leuchtenden Augen aus dem Publikum feststellte: „So nassgeschwitzt und glücklich war ich noch nie nach einem Konzert, Wahnsinn!“

Wer sich nach diesem Talent-Inferno entspannen wollte, der pilgerte zur großen Bühne, auf der Sophie Hunger jede Menge Applaus für ihre coole und intelligente Jazz-Popmusik einfuhr. Im Zelt luden These New Puritans mit ihrer sphärischen Artpop-Musik zum Runterkommen ein, und wer im Anschluss an die Band aus London doch wieder Lust hatte das Indie-Tanzbein zu schwingen, war bei Freitags-Headliner James gut aufgehoben. Die Band aus Manchester verwandelte das Haldern Pop mit Hits wie “She’s a Star“, die aus vollem Hals mitgesungen wurden, kurzerhand in einen Zweigstelle des berühmten Hacienda Clubs. James ging auch mit dem Publikum auf Tuchfühlung, und holte zum Ende des Songs ein paar glückliche Besucher auf die Bühne. Zum Abschluss eines guten Freitags beim Haldern Pop 2013.

Der Samstag  – Gute alte Indie-Hits und Kraftwerk-Zitate

Einen unerwartet guten Einstieg feierte der Festival-Samstag am frühen Nachmittag mit Duologue, die mit ihrer Rock-Elektronik-Musik sehr an The Boxer Rebellion erinnerten. Im Anschluss gab sich Ebbot Lundberg with Trummor & Orgel die Ehre. Der wirkte, als hätte man ihn aus den 70er Jahren aufs Haldern Pop teleportiert. Kettcar wiederum kokettierten mit ihrem Alter und zauberten dabei locker-flockig ihre guten alten Indie-Hits wie etwa „Landungsbrücken raus“ aus dem Ärmel, und die haben ja ebenfalls schon ein paar Jahre auf dem Buckel.

Nach den Hamburgern spielten die ebenfalls gut gelaunten Local Natives, die man zuvor über das Gelände hatte stromern sehen. Mit leichtfüßiger Tanzmusik und ordentlich treibenden Drums brachten die Jungs aus LA alle zum tanzen. Anschließend zog Brittany Howards, die Power-Frontfrau der Alabama Shakes, das Publikum in ihrem Bann. Beim letzten Sonnenlicht des Tages konnte man sich keine bessere Band für diesen souligen Moment vorstellen. Brittany Howard und ihre Jungs haben, das bewiesen auf dem Haldern Pop einmal mehr, einfach den Groove im Blut.

Und dann kam Glen Hansard. Mit seiner Energie und seinen großartigen Songs hätte ihm die Position des Samstags-Headliners gebührt, aber was soll’s: Der Ire zitierte Kraftwerk in einem Song (“Wir fahren auf der Autobahn, Autobahn, Autobahn“), um dann lachend in ein Cover von Aretha Franklins “Respect“ überzugehen. Zu seinem Hit „Once“ holte sich der Sänger dann auch noch eine junge Frau als Duett-Partnerin auf die Bühne, die den wahrscheinlich besten Moment ihres Festival-Lebens hatte. An diese Lockerheit und Euphorie kam im Anschluss selbst Regina Spektor nicht mehr heran, die zunächst Soundprobleme am Klavier hatte und sichtlich nervös improvisieren musste. Der wahre Held des Abends war und blieb Glen Hansard, den wohl jeder gerne als Ehrengast auf seiner Geburtstagsparty hätte.

Einen großartigen Party-Moment gab es zum Festival-Abschluss im Zelt mit Käpt’n Peng und die Tentakel von Delphi. Wenn das Zelt wackelt durch springende Menschen und die Luft voller Konfetti ist, hat man als Band Riniges richtig gemacht. Großartiger Hip-Hop, der für alle nimmermüden Haldern-Pop-Besucher genau das richtige Finale der 30. Geburtstagsparty eines der angenehmsten kleinen Festival dieses Landes war.

 

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates