Neuer Optimist

Auf „Tomorrow Morning“ schlägt Mark Oliver Everett alias Eels sonnige Töne an und schließt seine Beziehungs-Trilogie ab.

Eben noch wollte er uns weismachen, dass das Ende der Welt naht, spielte auf dem Album „End Times“ den autistischen Untergangspropheten, den trotzigen Einsiedler, der sich zu Hause einsperrt („Well, it’s a pretty bad place outside this door/ I could go out there but I don’t see what for“), die Welt verflucht („Everyone’s crazy and lost their minds“) und mit der Gitarre um den Hals das Weltende herbeisehnt.

Doch dann, nicht einmal ein halbes Jahr später, veröffentlicht der Mann, der sich E nennt und die Eels ist, dieses Album namens „Tomorrow Morning“, das so sonnig, fröhlich und weltumarmend ist wie kein Eels-Album zuvor. „Now I’m oh so kind/ Got no worried mind“, singt er zum Beispiel in dem Song „Looking Up“, der eigentlich ein Gospel ist. „Da muss ich widersprechen“, sagt E und lacht, „ich finde, dass alle meine Platten eigentlich sehr optimistisch sind.“ Gut gelaunt und redselig wirkt der sonst so wortkarge Mann: „Auf dieser Platte ist es vielleicht besonders offensichtlich, aber ich habe schon immer nach diesem Spruch gearbeitet, dass man, wenn einem das Leben Zitronen gibt, Limonade daraus machen soll. Wenn das keine positive Sicht der Dinge ist, weiß ich auch nicht.“

Jedenfalls hat die Zitronenlimonade des Mark Oliver Everett noch nie so süß geschmeckt wie auf „Tomorrow Morning“. Was aber auch an dem bitter-misanthropen Stubenhocker-Blues liegen könnte, den uns E zuletzt auf „End Times“ servierte. „Ich glaube, auf der Platte habe ich alles gesagt, was ich in Sachen Weltuntergang zu sagen hatte“, sagt er.

Aber nicht nur mit seinem Optimismus überrascht dieser Eigenbrötler. Er verrät auch erst jetzt, dass die Alben „Hombre Lobo“ und „End Times“ die ersten Teile einer Trilogie waren, die nun mit „Tomorrow Morning“ abgeschlossen wird. Die drei Platten ergeben zusammen die ganz persönlichen Passionsspiele des inzwischen 47-Jährigen: Der sperrige Garagen-Blues von „Hombre Lobo“ erzählt vom Verlangen, vom Hunger, von Lust und Leidenschaft. „End Times“ inszeniert akustisch sparsam die Depressionen nach dem Beziehungsende, den Scherbenhaufen, der übrig bleibt.

„Die aktuelle Platte rückt das, worum es auf dem Vorgänger ging, in ein anderes Licht“, sagt E. „Ich meine, wir machen alle mal schlimme Zeiten durch. Es ist aber wichtig zu wissen, dass es irgendwann besser werden wird.“ Darum posiert er auf den Fotos zu der neuen Platte als Boxer. „Ich wollte den Leuten zeigen, dass ich nicht aufgegeben habe, sondern mich mit einem Aufwärtshaken zurückmelde.“

„Tomorrow Morning“ ist zudem der Versuch, eine Platte zu machen, die hauptsächlich mit elektronischen Instrumenten eingespielt wird, aber dennoch nicht unterkühlt, sondern herzlich und euphorisch klingt: „Es war eine Herausforderung, diese kalten Instrumente aufzuwärmen.“ Dabei zeigte sich, dass Everett die Aufnahmen wesentlich einfacher fielen als beim schlichten „End Times“.

Vor dieser Auferstehungstrilogie hatte E vier Jahre lang kein Album veröffentlicht, hatte stattdessen getourt, seine Biografie geschrieben und an einer TV-Dokumentation über seinen Vater mitgewirkt (der Physiker Hugh Everett wurde durch seine Theorie der Parallelwelten in der Quantenmechanik bekannt).

Auch jetzt kündigt E wieder eine Auszeit an. „Ich bin ein bisschen erledigt und werde wohl wieder eine längere Pause brauchen“, sagt er. Schließlich ist es anstrengend, ein Optimist zu sein.

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