New Noises

Alle Zeichen stehen bei der "New Noises" in diesem Monat auf Comeback: Nach drei Jahren kommt endlich die ROLLING STONE ROADSHOW zurück, der American Music Club ist nach zehn Jahren wieder da - und die 80er Jahre feiern im Indie-Pop ja schon seit einiger Zeit ihre Wiederauferstehung.

Nach dreijähriger Pause rollt sie endlich wieder: die ROLLING STONE ROAD-SHOW. Mit einer Besetzung, die verspricht, an die großen Roadshow-Momente von Ben Folds Five, Travis, Coldplay, Starsailor und The Divine Comedy anzuknüpfen: die erfolgreichen Britpop-Schmuser von Keane, die massigen Psychedelic-Rocker Soundtrack Of Our Lives und Englands neueste strubbelige Punk-Hoffnung im Windschatten der Libertines: Razorlight.

01 In den letzten Monaten kam niemand an KEANE vorbei, aus jedem Radio und bei jedem Musiksender tönten die Singlen „Somewhere Only We Know“ und „Everybody’s Changing“ von ihrem Debütalbum „Hopes And Fears“. Die jungen Briten reihen sich musikalisch wie auch phänomenologisch besonders gut in die Tradition von Bands wie Coldplay und Travis ein, für die kurz nach ihrer Performance bei der Rolling Stone Roadshow jeder Club zu klein und jeder Superlativ zu abgeschmackt wirkte. Das auf unserer „New Noises“ zu hörende, gewohnt naiv-hymnische „Something In Me Was Dying“ ist die B-Seite der neuen Single „Bedshaped“.

02 Bei SOUNDTRACK OF OUR LIVES ist der Bandname Programm: Die Schweden greifen in die große Kiste mit all den Platten, die uns in unserem Leben lieb und teuer geworden sind. Hier gibt’s den R&B-getriebenen Riff-Rock der Rolling Stones, die Power von Them und den Stooges, die Psychedelia von Love und den frühen Pink Floyd, den Folkrock Bob Dylans und der Byrds. Und doch klingen sie bei aller Retro-Seligkeit erstaunlich modern, wie man auf ihren neuen Album „Origin“ hören kann. Und wer T. S. O. O. L. in diesem Jahr schon bei einem der großen Festivals gesehen hat, der weiß, dass man bei ihrer atemberaubenden Performance eh Zeit und Raum vergisst

03 RAZORLIGHT sind ebenfalls eine hervorragende Live-Band. Mit ihrem Debüt „Up All Night“ stiegen sie umgehend auf Platz drei der britischen Albumcharts ein. Sänger Johnny BorrelL, ein guter Freund und kurzfristig sogar mal ein Mitglied von The Libertines, hat neben britischem Punk auch den aus New York sehr genau studiert. Außerdem liebt er amerikanische Folkmusik und Von der Redaktion gehört und für gut befunden

Songschreiber von Leadbelly bis Bob Dylan, hat eine ausgeprägte lyrische Ader und verehrt die französischen Symbolisten. Kein Wunder, dass „Up All Night“ oft genug an Richard Hell & The Voidoids oder Patti Smith erinnert. Messerscharf.

04 Wir bleiben noch ein bisschen in den 70ern und gehen sogar noch in die Zeit vor Punk zurück. Die SECRET MACHINES musizieren auf ihrem Debütalbum „Now Here Is Nowhere“ irgendwo zwischen Prog- und Krautrock. Haben die treibenden Rhythmen von Can, den Schwurbel von Yes und eine Spur Led Zeppelin dankenswerterweise ist das allerdings eher am Schlagzeug als an Gitarrensoli auszumachen.

05 Vermutlich hatte Mark Eitzel einfach keine Lust mehr, Konzerte vor 20 zahlenden Gästen zu spielen (schließlich heißt sein Musikverlag „eitzelsuperhits“), und hat daher den AMERICAN MUSIC CLUB wieder zusammengetrommelt „All I wanted from you was some tomorrow“, singt er daher wohl auch auf „Myopie Books“ – einem der schönsten Stücke auf „Love Songs For Patriots“, dem ersten American Music Club-Album seit dem nur noch teilweise überzeugenden Schwanengesang „San Francisco“ von 1994. Solche Wucht und solchen Bombast hat Eitzel in seinen Solo-Jahren natürlich nicht hinbekommen.

06 Nach dem letzten, doch eher spröden akustischen Folkalbum „Ich reite ein Pferd, das sonst nur Frauen reiten“ sei es mal wieder Zeit für Melodien gewesen, meinte der Duisburger Songschreiber TOM LlWA. Eine „angenehm hörbare Pop-Platte“ war das Ziel. Natürlich ist „Dudajim“ weitaus mehr geworden. Es ist geheimnisvoll, versponnen, lyrisch, spirituell und vermittelt trotz eines völlig neuen Ansatzes wieder das, was Tom selbst manchmal scherzhaft das „Liwa-Gefühl“ nennt. Das tolle „U.a. chinesischer Zirkus“ erinnert ein bisschen an „One Of These Days“ vom alten Liwa-Helden Neil Young.

07 Fast so begnadete Kopisten des tanzbaren 80er New-Wave-Disco-Sounds wie Franz Ferdinand sind die Schotten von DOGS DIE IN HOT CARS. Madness, XTC, die Dexys Midnight Runners, aber auch – wie beim hier zu hörenden „Godhopping“ – die späten Talking Heads sind auf ihrem Debüt „Please Describe Yourself vereint Müssten sich Dogs Die In Hot Cars wie der Albumtitel nahelegt – selbst beschreiben, sie müssten in Referenzen und fremden Zungen reden – aber wer könnte von sich etwas anderes behaupten.

08 STINA NORDENSTAM verfügt über eine dieser Stimmen, die man nur lieben oder hassen kann. Wir lieben sie natürlich schon seit ihrem Debüt „Memories Of A Color“ von 1991. Die Schrulligkeit und Undurchdringbarkeit von „Dynamite“ und die seltsam-schräge Schönheit der Coverplatte „People Are Strange“ hat sie auf dem ruhigen „The World Is Saved“ weit hinter sich gelassen. Die Lieblichkeit der Stimme und die vermeintliche Unaufgeregtheit der Songs finden jedoch – wie man auf der Single „Get On With Your Life“ hören kann – in den beunruhigen Texten keine Entsprechung.

09 Sich auf das Weimarer Cabaret, auf Kurt Weill und Bertolt Brecht zu berufen, ist ja mittlerweile fast futuristisch (naja, so futuristisch wie Längs „Metropolis“ vielleicht). Manchmal muss man auf dem ersten, sebstbetitelten Album des extrovertierten Duos THE DRESDEN DOLLS daher natürlich auch an Marilyn Manson, Tom Waits oder Nick Cave denken. Die White Stripes des Cabaret

10 Eher von der introvertierteren Sorte ist hingegen Daniel Bejar. Mit dem himmelstürmenden Powerpop der New Pornographers, bei denen er manchmal aushilft, hat seine Soloarbeit unter dem Namen DESTROYER absolut nichts zu tun. Seltsamerweise ist „Your Blues“ weitaus weniger dunkel (und vor allem weitaus weniger Blues) als „This Night“ aus dem letzten Jahr. Mit Synthesizern inszeniert er eher ein Plastikorchester, das ihn bei einigen Stücken fast in eine 80s-New-Romantics-Richtung treibt – wenn die unheilvollen, miesepetrigen Texte nicht wären.

11 Der ausgesprochene Beatles-Fan NOEL wohnt im Berliner Postpop-Hinterhof, wo er mit Bands wie Mina und Contriva spielt So wirkt sein angenehm angesoulter Gesang auf seinem Debüt „Wrong Places“ auch eigentlich vor allem wie ein weiteres Instrument vor der verträumten, pastellfarbenen Soundkulisse, für die unter anderem auch Masha Qrella of – klar! – Mina und Contriva tame sorgt.

12 „There’s A Million Ways To Sing The Blues“ behaupten THE FEATURES auf ihrem Debütalbum „Exhibit A“ und halten sich – zumindest musikalisch – an keine davon. Die vier Jungs aus Tennessee machen Orgel-getriebener Powerpop. „I hear you whining on die radio/ I See you whining on TV/ Maybe your mother made you cut die lawn/ Maybe she made you eat your greens.“ Keine Ahnung, welche Bands sie damit ansprechen.

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