New Voices Vol. 44

WAHRHAFTIGE TIEFE

MARK LANEGAN

Seine Screaming Trees sind endgültig Vergangenheit. Und obwohl Sänger Mark Lanegan bereits außergewöhnliche Soloplatten zwischen Folkrock und Blues veröffentlicht hat, wird er ständig besser. Für sein neues, „Field Songs „betiteltes Album spielt er mit drei Ehemaligen: Gitarrist Mike Johnson (Dinosaur Jr), Bassist Ben Shepard (Soundgarden) und Schlagzeuger Barret Martin (Ministry). „Kimiko’s Dream House“ hat er mal mit Jeffrey Lee Pierce geschrieben, dessen melancholische, wahrhaftige Tiefe in Lanegan weiterzuleben scheint Achtung: VÖ erst 16.6.

ACHTZIGER-POPPER Z00TW0NUN Das Revival der 80er Jahre kündigt sich ständig an, aber durchgesetzt hat es sich noch nicht Stuart Price hatte in den vergangenen Jahren mit seinem Projekt Les Rhythmes Digitales furiosen Dancefloor aus Techno, House und Synthie-Melodien fusioniert Und letzteren Stil setzen der Brite und seine zwei Kollegen Johnny und Adam Blake mit eklektizistischer Chuzpe um. J^iving In A Magazin “ haben die „Ultra-Modernisten“ ihr Debüt genannt. Pop zwischen Spandau Ballett und Madonna, Stock, Aitken, Waterman und Sade, A-ha und Kajagoogoo. Und kein Witz.

EINFLUSSREICH

ALEJANDRO ESCOVEDO

Alejandro Escovedo ist verwandt mit der vergessenen Prince-Muse Sheila E, der Tochter des Santana-Percussionisten Pete Escovedo, und hat schon vieles ausprobiert. Punk in den Siebzigern, Country-Hardcore in den Achtzigern. Ais Singer/Songwriter spielt er seit den Neunzigern feine Songs aus Folk, Country und Cajun. Beim neuen Album ^i Man Under Influence“ haben ihn Musiker von Whiskeytown und Hazeldine begleitet.

FLOTTER STILMIX

JUDE

Auf dem College hatte Jude Christodal in A-capella-Formationen immer die hohen Töne singen müssen. Aber Kastraten-Gesang ä la Barry Gibb ist auf seinem dritten Album „Kings Of Yesterday“ nicht zu hören. Dafür elegische Stücke wie von Tim Buckley, relaxte Popsongs aus Swing, Country, Soul, Balladen, Bläser und verhaltene Rockgitarren. Ein flottes Album, das es in jedes Radio schaffen könnte. Achtung: VÖ erst 25.6.

ZARTER SCHMERZ

DRUGSTORE

Benannt haben sie sich nach dem Füm „Drugstore Cowboy“, ihren größten Hit hatten sie 1998, als Thom Yorke mit Isabel Monteiro im Duett „El Presidente“ sang. Radioheads erhebende EIGENTÜMLICH SCHON

RON SEXSMITH

Der Kritikerliebling. „I brought a song into this world“, singt Ron Sexsmith flehentlich. Just a melody with words/ I wonder how can this song survive.“ Das Stück heißt „The Song“, das Album „Blue Boy“, und für diese charmante Schlichtheit und Sanftheit liebt man diesen Singer/Songwriter. Seine vierte Platte ist nun etwas druckvoller ausgefallen (kein Wunder: Steve Earle wollte sie unbedingt produzieren!), pendelt aber weiterhin eigentümlich schön zwischen Pop und Americana.

ELEGISCHER POP

TINDERSTICKS

Wenn Stuart Staples anhebt, um Liebe und Erlösung barmt, die Streicher schwermütig säuseln, das Piano aufmunternd pocht, dann fühlt man sich seltsam aufgehoben. So ist es auch auf dem neuen Album „Can OurLove…“

der britischen Dandys, dass allerdings um einiges rhythmischer ist als die früheren Platten und fast psychedelisch wird wie bei JPeople Keep Comin‘ Around“.

KATHABTISCH NIKKA COSTA Das autobiografische Album eines Kinderstars. Nikka Costa, Tochter des Produzenten und Komponisten Don, sang schon als Siebenjährige auf der Bühne mit dem Orchester ihres Vaters und nahm kurz darauf ihr erstes Album auf. „Everybody Got Their Sotnething“ ist ein hochemotionales Gebräu aus der Schmerzensattitüde von Alanis Morissette und der Direktheit von Ani DiFranco, inbrünstigem Soul, Funk und Rock-Gitarren und kathartischem Hardcore-Noise, der unerwartet hereinbricht.

BIZARR TRICKY Mit dem dunklen, faszinierenden, obsessiven, schizophrenen Groove seines Albums „Maxinquaye“ wurde er 1995 zum TripHop-Gott. Auf JVearly God“ und „Pre-Millenniutn Tension“ schien der Brite dann engültig irre geworden zu sein. „Die Paranoia ist vorüber“, erklärt Tricky heute. Aber das neue Album „Blowback“ ist nicht weniger bizarr. Dämonischer Reggae, Crossover und Big Beat, eingespielt mit Ed Kowalczyk, Alanis Morissette, Cyndi Lauper und den Peppers. Achtung: VÖ erst 2.7.

PERFEKTER TRIPHOP BOWS Starke Konkurrenz erwächst Björk und Portishead mit dieser Band von Luke Sutherland. Schon das Debüt „Blush“

wurde vor zwei Jahren gefeiert. „Cassidy“ ist nun noch perfekter geworden. Intime, sinnliche Songs mit minimalistischen Beats, esoterischen Sounds, ätherischem Gesang, zarten Gitarrenmelodien und tiefen, zeitlupenartigen Bässen. Wie Morricone und Massive Attack bei Sonnenaufgang.

DANCE-AUSSIES THEAVALANCHES Dieses Sextett kommt aus Melbourne und macht – keinen Rock! Die Bandmitglieder schwärmen zwar für Neil Young, mögen aber ebenso den Wu-Tang Clan und Van Dyke Parks. In ihrer Heimat haben sind sie als Vorgruppe schon für die Beastie Boys und Public Enemy gespielt. The Avalanches machen Dance Music in einem weit gesteckten Rahmen. Sie mischen Rock und Pop mit House, sampeln Soul und Funk, psychedelische Sounds der 60er Jahre, lateinamerikanische Rhythmen, Jazz, HipHop und Kitschmelodien der Fünfziger – und zitieren ironisch Rick Astley. „Since I Left You“ ist ein ziemlich europäisches Album.

KLUGER ROOTS-RAP ALLHATURAL Der Underground macht den amerikanischen HipHop seit einiger Zeit wieder spannend. All Nature stammen aus Chicago und gehören dort zu dem Künstlerverbund Family Tree, der ähnlich wie das New Yorker Label Rawkus den integren, klugen, sozialkritischen und äußerst kunstvollen Roots-Rap vertreten. „Second Nature“ ist das zweite Album von All Nature, ein minimalistisches, fein ausgeklügeltes, atmosphärisch dichtes Werk, das von den Reimen bestimmt wird.

SEXYDOWNBEAT BOOZOO BAJOU Downbeat mal nicht aus Wien, sondern von zwei Nürnbergern. Nach diversen Remixen haben Schlagzeuger und Studio-Tüftler Peter Heider und der Dub-DJ Florian Seyberth nun mit „Satta“ ein fabelhaftes Album aufgenommen, das ein Füllhorn der Sinne öffnet. Kein spaciges Drogenkonvolut, sondern dschungelartige Sounds, die schwül und psychedelisch perlen, pulsierende Bässe wie ein erregter Herzsschlag. Reggae. Latin. Müßiggang. Verdammt sexy. Achtung: VÖ erst 2.7.

HOUSE-JAZZ LLORCA Delikater House und Electro aus Frankreich. Auf dem Debütalbum „Newcotner“ kombinieren Llorca den oft sterilen Sound mit HipHop-Elementen, Funk, den warmen Klängen des Blue Note-Jazz von Saxofbn und Trompete sowie hinreißenden Sängerinnen. Nicole Graham intoniert den Bossa von „Indigo Blues“, Lady Bird interpretiert „My Precious Thing“ mit Soul, und Mandell Turner röhrt bluesig bei „I Cry“. Absolute Sommerplatte.

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