Paul Weller: Der späte Zorn des Mr. Modfather

Wie Paul Weller am Beispiel von James Blunt exerzierte, dass nach ihm eigentlich nichts Gutes mehr kommen kann

Von den zahlreichen altersradikalen Äußerungen Paul Wellers war die spektakulärste jene im Vorfeld der Brit Awards, er esse „rather shit“, als mit James Blunt aufzutreten. Damit war endlich alles gesagt, über den Brit Award und über James Blunt. Weller nahm nicht sehr freudig seinen Preis für das Lebenswerk entgegen, der vor ihm McCartney, den Bee Gees, U2, David Bowie und dergleichen verliehen worden war. Auch diese Preisträger wurden von ihm als Witzfiguren, Weicheier und wankers geschmäht. Weller, früher ein schüchterner junger Mann, nimmt keine Rücksichten mehr. Während er das musikalische Vorbild seines Freundes Noel Gallagher ist, hat er sich umgekehrt die Pöbeleien des Jüngeren angewöhnt. Gallaghers großer Moment kam erst gegen Ende des Jahres, als er den Selbstmord von Robbie Williams prophezeite – jenes Mannes also, den er vor Jahren als „fetten Tänzer“ tituliert hatte.

Doch zurück zu Paul Weller. Im Herbst seiner Karriere triumphiert der Künstler mit den Problemhaaren mit dem Album „As Is Now“, auf dem er so krachend, so wütend und so unwiderstehlich klingt wie zu Beginn, also vor fast 30 Jahren. Mit der britischen Presse lag Weller lange über Kreuz, weil man sein Style Council in den Achtzigern nicht mochte und ihm auch als Solo-Künstler manche harte Zeit gab. Dabei hat eine Kohorte von britischen Kritikern bereits Vorworte, Essays, Chronologien für eine der unzähligen Anthologien geschrieben, die das Schaffen von The Jam, des Style Council und Wellers allein beinhalten, weil der Haus-Autor Paolo Hewitt nicht alles verfassen kann. Erst spät entdeckte Weller die probate Methode, nicht nur jeweils befreundete Journalisten zu Ausflügen, Studiobesuchen und anschließenden Elogen einzuladen, sondern auch Musikblätter für ältere Menschen wie „Uncut“ und „Mojo“ für die eigenen Zwecke auszunutzen. So passen auch die Rezensionen wieder einigermaßen. Nach „As Is Now“ legte der Umtriebige gleich das Live-Album „Catch-Flame!“ vor, wie stets auch als Doppel-Vinyl mit Extra-Single, was das Hören freilich etwas umständlich macht. Ferner gab es eine DVD zu den Aufnahmen von „As Is Now“ und schließlich die Sammlung „Hit Parade“ mit den Singles seit den Jam als Box-Set, einfaches Album und DVD mit den Videos. Veröffentlicht von Universal, über deren Gebäude und Lobby er sich auch schon beschwert hat: Früher hätte er den Pförtner im Polydor-Haus gekannt und bei jedem Besuch mit ihm geplaudert, heute habe man es mit riesigen Betonklötzen, Sicherheitssperren und anonymem Personal zu tun. Deshalb ist er seit einigen Jahren bei V2 unter Vertrag, der letzten Stufe vor der Indie-Werdung. Vater Weller, längst in seinen Siebzigern, leitet noch immer mit harter Hand das Weller-Imperium.

Wird es jemals ein Blunt-Imperium geben? Das erste Album trug den ehemaligen Berufssoldaten noch bis ins Jahr 2006. Über Blunts Fähigkeiten als Musiker und Entertainer waren die Kritiker uneins – unter den Jubel der Boulevard-Blätter mischten sich Häme und Mitleid von der Fachpresse, und niemand konnte mehr „You’re Beautiful“ ertragen. Nun ist Blunt kein begnadeter Songschreiber und beschäftigt deshalb die 4 Non Blondes-Sirene Linda Perry, die ihre Dienste einst Robbie Wiliams angeboten hatte. Der hätte sich vielleicht nicht so arrogant geben sollen, denkt man angesichts der letzten Williams-Platten.

Und so wird Paul Weller wohl im nächsten Jahr zugeben müssen: Blunt ist nicht nur weg von den Kriegsschauplätzen der Welt, er beweist auch, wie man aus Shit jede Menge Gold machen kann.

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