Reelin‘ In The Years

Im Frühjahr stirbt Frank Sinatra; Wolfgang fragt, wer jetzt für uns singen solle. Tja – Mick Jagger? Die Küche in der Redaktion wurde mittlerweile demontiert, es gibt Teppich unter dem Schreibtischstuhl. Andreas Borcholte tritt in die Redaktion ein. Ein kleines Dekor-Aquarium steht auf seinem Pult, er spricht oft in ein Mobiltelefon. Mittags essen wir im „Opitz“, einer hanseatischen Institution gegenüber dem Verlagsgebäude. Auf unser Geheiß wird zum Nachtisch bald Schokoladenpudding angeboten, doch die Pfeffersäcke aus den nahen Bürohäusern wollen die Delikatesse nicht. Im Winter stehen wir auf dem Weihnachtsmarkt; Andreas trägt einen eng geschnittenen Mantel und hat Gel im Haar – ich kann mir nicht helfen, er erinnert mich an Tony Hadley, den Sänger von Spandau Ballet. Später nimmt Andreas sein Miniatur-Aquarium und geht zu „Spiegel Online“, und wir sehen uns nur noch ein letztes Mal an einem kalten Hamburger Abend. Kein Schokoladenpudding mehr!

Oliver Hüttmann und ich sind wieder allein. Meinen Geburtstag feiern wir in einem afghanischen Restaurant, das meine Freundin vorgeschlagen hat. Die Wirtin erklärt uns die Nachschubwege im Hindukusch und wie der Afghane die Yaks zubereitet. Bin froh, dass Oliver das so doof findet wie ich. Fahre spät am Abend zur Redaktion und bin glücklich, dass Bernd Gockel in seinem Zimmer sitzt.

In London tritt Elvis Costello mit Burt Bacharach auf. Es ist ein rauschender, euphorisierender Abend; beim anschließenden Empfang reiße ich ein Plakat von der Wand, schiebe einen Raumtrenner beiseite, pirsche mich an Costello – der von Leuten umstellt ist – heran, bitte um seine Signatur. Elvis zögert nicht. Das ramponierte Poster bringe ich im Rucksack nach Hause.

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