3,0 Kelly Jones Only The Names Have Been Changed

Nur einen einzigen Take hatte Lennon 1962 nach dem harten Studiotag noch in der Kehle – und er krächzte „Twist & Shout“ zum Klassiker. Jones machte es nun ähnlich. Seine Solo-Songs nahm er während der Arbeit am sechsten Stereophonics-Album auf, und seiner Stimme ist die Belastung anzumerken. Zehn Lieder in 36 Stunden, immer live, rau und direkt. Aber nicht Rock’n’Roll, sondern softes Drama. Wenn die Abschiedsballade „Jayne“, aut „Live From Dakota“ (2006) bereits in einer Uptempo-Version zu genießen, im Refrain förmlich abhebt, die Gesangstöne zerstäuben und rematerialisieren, ist das ganz große Oper.

Zum emphatischen Gekratze auf der E-Gitarre gibt es atmosphärisches Gewimmer und Gewummer von allerlei Strings. dem cheesy way of rock war Kelly ja zuletzt eh niemals abgeneigt. Das Irre: Es stört kaum. Auch nicht, dass er textlich öfters mal in Flachwasser gerät (oha, Jayne „took the midnight train to nowhere“!), nicht, dass sein Klangkonzept ebenso wenig originell ist wie die Idee, alle Lieder mit Frauennamen zu betiteln. Mit seinem mal zärtlich raspelnden, mal beseelt heulenden Vortrag gewinnt er eben einfach, auch mit diesen kreuzehrlichen Kompositionen. Eine Handvoll Dur-Akkorde und einige wirkungsvolle Moll-Parallelen reichen fast immer.

Außerdem kann seine versammelte Frauenschar für die emotionalen Stories mit Sympathie und Aufmerksamkeit rechnen: „Katie“, die dem Taxikutscher nach der Fahrt ihren Körper anbietet, die hingebungsvolle Kinderkrankenschwester „Rosie“, „Suzy“, die nach der großen Liebe Tschüss sagt, die freiheitsliebende „Liberty“ oder die verwirrte „Misty“. Meistens funktioniert die Sound-Reduktion blendend, und wenn „Violet“ und „Jean“ doch bescheiden um ein wenig Schlagwerk bitten, darf man sich eben schon jetzt auf die mächtigeren Konzert-Versionen freuen, das Potenzial ist unüberhörbar da. Zu mehr als einer Fußnote im Jones-Oeuvre wird es die Fingerübung „Only The Names Have Been Changed „kaum bringen, aber die ist, in all ihrer Bescheidenheit, doch ausgesprochen geglückt. (V2)

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