Air – 10.000 Hz Legend

Auf dem Cover ihres Debüts „Moon Safari“ übten sich die cleveren Franzosen Nicolas Godin und Jean-Benoit Dunckel noch in Understatement: „French Band Air“ stand damals auf der Hülle. Makulatur, wie sich zeigte, denn nach „Sexy Boy“ und dem von Beth Hirsch berückend vorgetragenen „All I Need“ nebst tröstlichem Videoclip um ein junges Pärchen waren Air jedermann bekannt – und ^Moon Safari“ untermalte Kaffeeklatsch und Strandpicknick. Statt neuem Studiomaterial jedoch gab es erst mal eine Zusammenstellung alter EPs, liegen gebliebener Krimskrams, den so recht niemand brauchte. Dann „The Vhrpn Suicides“, nein, wieder nichts Neues, nur ein Soundtrack zu Sofia Coppolas nüchtern erzählter Tragödie. Zu den Bildern des Films das Video „Playground Love“, in dem ein Kaugummi (blau) auf Abenteuerreise geht, um schlussendlich auf ein anderes Kaugummi (rosa) zu treffen. So vertreibt man sich trefflich die Zeit und steigert die Erwartungen ins Unermessliche. Der Charme des Anfangs ist dahin – aber wieviel charmanter als die üblichen Rockisten sind Air noch immer!

Doch seit wann eigentlich scheren sich Godin und Dunckel um die Erwartungen anderer Leute? Eben. Vielleicht ist „10.000HzLegend“ auch deshalb eine „Hommage an die Piratensender der 70er und 80er Jahre“ geworden. Beth Hirsch? Wurde kurzerhand wegrationalisiert. Soll doch der Computer singen!

Und siehe da: „How Does It Make Ybu Feel“ wäre ohne die erstickende und gerade dadurch zutiefst menschliche Roboter-Stimme in den Strophen beinahe zur Schmonzette verkommen.

So wird trotz des Kitsch-Refrains eines der rührendsten Stücke daraus, die man in der letzten Zeit vernehmen durfte. Wie ja überhaupt Rührseligkeit, Easy Listening und ein gewissermaßen altmodischer Futurismus bei den Franzosen aufs schönste harmonieren.

Auch Gaststars dürfen auf „10.000 Hz Legend“ nicht fehlen: Buffalo Daughter geben „Sex Born Poison“ einen orientalischen Anstrich, während Beck neben einem Kurzauftritt bei „Don’t Be Light“ vor allem auf „The Vagabond“, einer gewohnt lässigen Nummer, die wunderbar auf sein Songwriter-Album“AfKtorions“gepasst hätte, auftrumpft. Dass die Sound-Tüftler auch ohne fremde Hilfe bestehen, untermauert das märchenhafte Instrumental „Radian“, das wieder unverwechselbar nach Air klingt – samtweich und flauschig wie Watte.

„10.000 Hz. Legend“ ist gut, manchmal auch sehr gut, übertrifft „Moon Safari“ aber lediglich in Sachen Abwechslungsreichtum. Neuerdings Musik für“Focus“-Leser. jan wigger

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