ALTERNATIVEN :: von Michael Ruff

Lange ist’s her, als das legendäre Flying Nun-Label die internationale Indie-Gemeinde mit neuseeländischem Gitarren-Pop aller Farben begeistern konnte und Bands wie The Clean, The Chilis und Verlaines gar bescheidene Charts-Erfolge errangen. Seither ist die Connection abgekühlt, aber nicht ganz abgebrochen. CHRIS KNOX zu Beispiel, Anfang der Achtziger ab eine Hälfte der Tall Dwarves ein LoFi-Pionier, ist auch als Mittvierziger so produktiv wie eh und je. Auf „Yes“ (RTD) verzichtet er freundlicherweise auf die Clownerien seiner vorigen Werke und besinnt sich aufsein Talent, bewegende kleine Schrammel-Pop-Perlen aus dem Ärmel zu schütteln, wobei er nie Zweifel daran aufkommen läßt, daß sie allesamt von Herzen kommen. Willkommen zurück! 4,0

Sein Zeitgenosse David Kilgour (Ex-Clean) hat eine neue Band namens (und so heißt auch die Platte) THE HEAVY EIGHTS (RTD), doch sein typisch-nuscheliger Post-Velvet Underground-Stil bleibt davon weitgehend unbeeinflußt. Oft hat man gar den Eindruck, daß Kilgour einen gewissen Song stets aufs neue zu schreiben sucht, aber trotzdem nie so richtig trifft. Wach auf! 2,5

1997 brach die San-Francisco-Ikone BARBARA MANNING mit ihren Calexico-Begleitern Joey Burns und John Convertino nach Neuseeland auf, um ein paar Konzerte zu geben, aber auch um mit den von ihr verehrten NZ-Größen neue Songs aufzunehmen. Diese sind nun auf „In New Zealand“ (Normal/Indigo/Hausmusik) zu hören und klingen deutlich softer arrangiert als der rockende Vorgänger „1212“. David Kilgour, Chris Knox, Robert Scott (The Bats), Graeme Downes (Verlaines) zeichnen als Co-Autoren für diese fruchtbare Zusammenarbeit verantwortlich. 4,0

BEEKEEPER ist ein neuer Name, aber was das New Yorker Trio anderen Debütanten voraus hat, ist der bezaubernde Harmoniegesang des Geschwisterpaars Karla und Matthew Schickele. Zwei Stimmen, die engumschlungen durch melodisch-vertrackte Songstrukturen fuhren, machen „Ostrich“ (Southern/EFA) trotz kratziger Passagen zu einem wunderbaren Hörerlebnis. Gegen Ende der CD mehren sich zwar die Unfertigkeiten, aber zumindest die ersten fünf Songs hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Das hat Zukunft. 4,0

Seit knapp vier Jahren haben SEAM nichts von sich hören lassen. Anfang der Neunziger liebte man die US-asiatische Band, weil ihre unverzerrten Songs inmitten des Grunge-Wirbels einen emotionalen, doch disziplinierten, fast britisch anmutenden Stil verkörperten, von dem sich nicht zuletzt die Smashing Pumpkins munter inspirieren ließen. Daß sie diesen auf „The Pace Is Glacial“(Touch&GoEFA) in nahezu unveränderter Form präsentieren, wird alte Fans erfreuen, doch genauso wie Grunge längst Geschichte ist, klingen die neuen Lieder von Sooyoung Park&Co. heute bei aller Liebe eher altbacken, die Melodien müde und berechenbar. Doch möglicherweise sind nicht nur die alten kleinen Helden müde geworden, sondern wir auch: der kleinen Helden, der Indie-Musik der frühen Neunziger, der Halbkoreaner und der ganzen Welt, die einst auch von dem kleinen Berliner Helden-Label City Slang repräsentiert wurde, das heute des Gitarren-Untergrunds müde geworden ist – wahre Giganten der Müdigkeit, sie und wir alle. 3,0

Irgendwann auf einer Party trafen sich JAD FAIR und YOLATENGO, und prompt entstand die Idee, es einmal gemeinsam zu versuchen. Dazu brachte Jad einen Stapel Texte aus der Feder seines Bruders David mit, welche dieser für irgendwelche US-Sensationsblätter verfaßt hatte – Songtitel wie „Retired Grocer Constructs Tiny Mount Rushmore Entirely Of Cheese“ sprechen da eindrucksvoll Bände (und das gesamte Album besteht zu unserem Entzücken aus spolchen Killer-Schlagzeilen!). Auf zeitraubende Proben wurde großzügig verzichtet, das heißt: Die Band spielt drauflos, der Sänger setzt nach Gutdünken ein und versucht, ihr Spiel mit Handzeichen zu dirigieren. Große Spontaneität will auf „Strange But True“ (Matador/RTD) jedoch nicht aufkommen, denn der Sänger stakst doch eher unbeholfen vor der routiniert jammernden Band umher. Und die Band sind ja die unkaputtbaren Yo La Tengo! Hier wäre sicherlich mehr möglich gewesen. 3,0

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