..And You Will Know Us By The Trail Of Dead – So Divided

Man muss es an dieser Stelle wiederholen: Nichts, aber auch gar nichts ist grundsätzlich dumm, falsch, hässlich am Pompösen. Dass Popmusiker sich mit Konzeptalben, mit Heavy-Metal-Adaptionen spätviktorianischer Briefromane oder selbstgetippten Orchesterwerken zu Deppen gemacht haben – das liegt nur daran, dass man die eigene, bereits vorhandene Dummheit und Hässlichkeit durch solchen Ehrgeiz halt besonders deutlich ausstellt.

Gerade die Band …And You Will Know Us By The Trail Of Death aus Austin ist das allerbeste Gegenbeispiel. Weil die Mitglieder zwar wie Playmobil-Figuren aussehen, auf die man mit dem Hammer gehauen hat, und weil sie durch die – heute ungewohnte – Manier, öfter beim Konzert die Instrumente zu zerstören, das Image der dumpfen Hardcore-Schlägertruppe hatten. Wie Trail Of Dead sich allerdings über vier Platten vom Rippfell-zerreißenden Punkrock zur schillernden Alles-möglich-Musik hochgezogen haben, das war eben kein überhebliches Rumprobieren, sondern eine künstlerische Offenbarung, schrittweise vollzogen. Schlau waren sie immer. Sie konnten sich früher bloß keinen Konzertflügel leisten.

Die fünfte Platte beginnt wieder mit einer Beschwörung, einem Hörspiel mit plaudernden Menschen, Gläserklirren und einer ritterlichen Einmarsch-Musik, aus der der erste Song praktisch herausfließt – mit Wucht und Schönheit und dem Gestus einer Folkrock-Königshofkapelle, die verschollene Früh-Punk-Partituren interpretiert. Die gemischt aggressiven und verschlafenen Stimmen der zwei Sänger sind unverwechselbar.

Das klingt leider furchtbar theoretisch, aber Trail Of Dead zeigen sich auch auf „So Divided“ als eine der verschwindend wenigen Bands, bei denen nicht nur die Texte, sondern auch die musikalischen Formen richtig sprechen und erzählen. In „Wasted State Of Mind“ zum Beispiel, das von ethnisch klingendem Geklöppel getragen wird und – in Form eines Tournee-Rückblicks – von der wohlfeilen Toleranz handelt, mit der moderne Kleingeister dem Fremden begegnen. Oder im fast siebenminütigen Titellied, das um die trügerische Geborgenheit kreist, die ein voller Konzertsaal bietet – die Band lässt den Song nicht einfach laufen, wie er will, sondern betäubt ihn mit Schlägen, zieht ihn langsam in Richtung Schlucht. Trail Of Dead sind so interessant und sprühen so vor Mitteilungsbedürfnis, dass das jeden Pomp, jedes Geigen-Intermezzo von Hilary Hahn rechtfertigt.

Im Gesamteindruck ist „So Divided“ trotzdem nicht so stark, hat mit dem schlappen Gummiband-Rock „Naked Sun“ und der bizarren Cure-Adaption „Sunken Dreams“ zwei ziemlich schwache Stücke. Die Kunst, dass man einer konstruierten Sache ihre Konstruiertheit nicht anmerkt, gelingt Trail Of Dead diesmal nicht – was die Überraschung und Überwältigung an den besten Stellen nicht trübt. Und, genau: Es gibt eine klavierförmige Guided By Voices-Coverversion. Ist das nicht wahnsinnig prätentiös?

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