Andrew Bird – The Mysterious Production Of Eqqs

Im stilistischen Zick-Zack zur Identität, als Songschreiber, Geiger, Solo-Performer, Sänger und – ha! – „professional whistler“ in schönster Ilse Werner-Manier. Mit den längst verblichenen Squirrel Nut Zippers, auf ersten Solo-Werken („Thrills“, „Oh! Grandeur!“) machte Andrew Bird einst in Neo-Dreigroschenoper, mit seiner Band Bowl Of Fire schipperte er in einer atemlosen Revue bis runter bzw. rauf nach Memphis. Dass danach schon „Weather Systems“ vor einem Jahr ein schöner großer Wurf war, ließ sich an der Verzweiflung meines Berufsstandes ablesen. Von „Radiohead meets Lambchop“ (Mark Nevers produzierte…) war die Rede, ganz viel auch von Jeff Buckley.

Falsch. Ganz falsch! Selbstentblößung bis ins Mark ist dem Mann aus Chicago so fremd wie Wolfgang Niedecken Songwriting jenseits der ewigen Troika. Der bleibt er auch auf dem mit Mitchell-Froom-Adlatus David Boucher produzierten, von Jay Ryan fein illustrierten „The Mysterious Production Of Eggs“ souverän fern. Allemal näher steht Bird die Lovesong-Schule eines Cole Porter. Die verteidigt er mit einer surreal gefärbten Sprache der Romantik und assoziativem Wortspiel gegen die Zumutung des 21. Jahrhunderts, die Liebe nur noch als verhandelbare Ware verramscht. „Masterfade“ ist ein gutes Beispiel dafür, eine sehnsüchtige, letztlich vergebliche Näherung im elektrostatischen Regen aus Nullen und Einsen. Dazu komplementär „Fake Palindromes“, ein wundervoller Weirdo-Pop-Hit über Sex aus dem Netz mit diesem Finale: „I’m gonna tie your wrists with leather and drill a tiny hole into your head.“

Das dicke Ende pflegt Bird auch in „Opposite Day“ schön hinterhältig. Wendet sich die vermeintliche Außenseiter-Ode am Schluss doch wieder gegen die Gemeinschaft der Verzagten und Hoffenden. Denn Stille ist Wissen. Und das bekanntlich Macht. Und die hat gern einen Maulkorb um. Oder verhängt ebendiesen. Doch zuguterletzt möchte Bird den Humanismus, allem zum Trotz, doch nicht ganz drangeben, sanft ironisch und vielleicht gerade deshalb tief empfunden.“Tables And Chairs“ entwirft die tröstliche Vision einer Snack-Bar, die nichts kostet und niemanden vor der Tür lässt Dort wird dann sogar „Happy Birthday“ gesungen, dieser „giant among cliches“. Dass er es selbst damit – im Wortsinn spielend aufnimmt, nicht nur dafür kann man Andrew Bird einfach mal ein bisschen lieben. Vielleicht sogar jeden Tag.

Kuriosum am Rande: Ausgerechnet die berückend-entzückende Auskoppelung „Sovay“ gab’s bereits auf „Weather Systems“. Die Single-Suche lohnt dennoch, allein schon wegen der Live-Version dieses Songs mit My Morning Jacket (!). Geige und Pedal Steel unisono über den Wolken, dem Horizont entgegenschwebend.

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