Billy Corgan – The Future Embrace

Nun hat Billy Corgan also endlich sein Soloalbum hinbekommen, jene Platte, die man nach dem Ende der Pumpkins viel schneller erwartet hatte. Doch der kreative Frust mit der Supergruppe ließ sich offenbar nicht so mir nichts, dir nichts in einen Alleingang umsetzen, und so schrieb Corgan zunächst mal hier und dort ein paar Lieder, machte schöne Musik z£. für Marianne Faithful und Hobbykeller-Gitarrenpop mit Zwan. Lockerungsübungen waren das, Demarkationslinien gegen das Gestern, ein Tag im Park, bevor die Arbeit wieder beginnt. All die schmucklos klirrenden Keyboard-Sounds und Digi-Beats, das elektronische Ambiente, die bloß von Ferne rauschenden Gitarren: Es sind diese Dinge, die einem an „The Future Embrace“ zunächst auffallen. Corgan hat sich für den Neuanfang einen ganz eindeutigen Klang einfallen lassen, für dessen Stringenz auch praktisch jedes individuelle Arrangement geopfert wird; selbst nach einer Woche mit der Platte hat man Mühe, ein Lied vom anderen zu unterscheiden.

Neben dem Klangcharakter sind zur Erklärung von „The Future Embrace“ noch zwei weitere Dinge wesentlich: Erstens hat Corgan sich eine Platte vorgenommen, die eher versöhnliche Töne anschlägt und sich bemüht, mit schön gefärbten, sehnsüchtig weiten Melodien das Gute im Menschen zu sehen, ohne nun auf das Spindeldürre, Wangenblasse, Klaustrophobische zu verzichten, das hier für immer die künstlerische Grundfarbe ist Zweitens huldigt Corgan mit „The Future Embramce“ seiner musikalischen Sozialisation: Jedes Synthesizer-Ostinato und viele Gitarrenlinien verweisen auf das UK der mittleren achtziger Jahre, auf The Jesus de Mary Chain, Depeche Mode, auch die plump krude Düsternis der Sisters Of Mercy und deutschen EBM-Rock derselben Zeit. Durch den Zugriff von Bon Harris (früher Nitzer Ebb) wendet sich manches in Richtung des modernen Industrial Rock, aber dennoch: Das ist Corgans Version einer Musik, die man in den Indie- und Godi-Diskos damals ab Identifikationsfläche erkannt und geliebt hätte.

Man kann das auch so lesen: Jetzt, da die Reise in die weite, offene Zukunft beginnt, vergewissert sich Corgan seiner musikalischen Herkunft; weggehen kann ja nur der, der irgendwo zu Hause ist Der Eindruck läßt sich sogar belegen – damit nämlich, daß mit Alan Moulder (My Bloody Valentine, Depeche Mode, U2, NIN) einer gemischt hat, der diese britische Klangarchitektur mit entworfen hat Und damit, daß Robert Smith sich erbarmt, bei dem melodramatischen Cover des Bee Gees-Heulers „To Love Somebody“ im Background zu singen. Gute Reise, Billy Corgan.

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