Brett Anderson – Brett Anderson

Prätentiös? Aber sicher. Natürlich war das Werk und Wirken seiner Band Suede immer etwas überkandidelt. Die Menschen in Brett Andersons Texten stellte man sich stets als traurigschöne Bleichlinge mit dünnen Ärmchen und nässenden Mascarawunden vor, die jedoch immer mit einer gewissen Würde und Anmut durch die nächtliche Großstadt straucheln. Zusammengenommen bildeten die Lieder eine eigene Rhetorik mit eigenen Chiffren gasoline. concrete sky, suhurban graues undpoisoned pills auf der semantischen, grellen Gitarren und Bretts unverwechselbarem angeschluchzten Gesang auf der formalen Seite. Seit 2003 ruht Suede, Anderson raufte sich für ein leicht unterschätztes Album noch einmal mit Bernard Butler zusammen. Nun also sein erstes Soloalbum – und das ist, gleich vorweg, für Bewunderer seiner vormaligen Grandezza leider größtenteils eine Enttäuschung. Intimer, persönlicher sollte er werden, und ist leider in erster Linie langweiliger geworden.

Der Vorkommnisse rund um dubs, drags, tubs und pubs werden nurmehr beiläufig vom heimischen Ofenbänkchen und Ohrensessel aus betrachtet (auch das Coverfoto von Wolfgang Tillmans zeigt den Künstler in der Stube, komplett mit Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst-Wandschmuckcollage), weitgehend untermalt von dahineiernden Melodien, Schwächlicher noch als jene auf dem letzten Suede-Album „A New Morning“, mit faden Streicharrangements und Piano und nur vereinzelten Gitarren.

Zwischendurch gibt es zwar immer wieder vereinzelte Lichtblicke von bestechender, gewollter Schlichtheit, in denen Anderson so klar und bar jedes alten Lidstrich-Knallchargen-Klischees klingt, wie er es wohl gerne hätte. Für jeden davon ist aber auch ein wirklich schlimmer Moment enthalten: Die alte, zum hundersten Mal hervorgezauselte „I am the dust and you are the rain/ I am the needle and you are the vein“-Metaphorik parodiert sich nur mehr selbst, ein Kuschelrock-aaaa-haaa-Chor, dazu Textzeilen wie „One lazy morning when life is a breeze / Am I gonna find Jesus in me?“ – das führt alles dazu, dass man am Ende für eine Wunderlichkeit wie den Anti-Kapitalismus-Walzer „The More We Possess The Less We Own Of Ourselves“ noch rechtschaffen dankbar ist.

Auf Youtube tauchte neulich ein Filmchen auf, das Anderson bei einer Darbietung von Christina Agulieras „Beautiful“ zeigte, von einem Piano begleitet. Leider ist dieses Cover nicht enthalten. Es hätte auf „Brett Anderson“ einen schönen Glanzstreifen abgegeben, am Betonhimmel.

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