Broken Flowers :: Start: 8. 9.

Ob bei Sofia Coppola, Wes Anderson oder jetzt Jim Jarmusch – Bill Murray ist zur personifizierten micilife crisis geworden.

ein leibhaftiger Vater-Komplex, den das Leben noch mal überraschend durchschüttelt und dennoch kaum zu einer äußerlichen Regung bringt. Seinen Minimalismus, sein immer tragikomisch nach innen gerichtetes Mienenspiel zeigt Murray nun in „Broken Flowers“ mit einer unnachahmlichen Konsequenz.

Weniger Antrieb bei ihm war nie, und obwohl er sich auf eine Reise begibt, scheint seine Figur Don Johnston so gar nicht von der Stelle zu kommen. Meistens verharrt er in seiner Vorstadtvilla auf dem Sofa, starrt vor sich hin, auf den Fernseher oder an die Wand. Einmal sitzt er minutenlang so da. vor ihm ein Glas und eine Flasche Wein, während aus der Stereoanlage klassische Musik erklingt. Kerzengerade rührt er sich nicht und wirkt geknickt wie eine welke Blume. Ähnlich hockt er auch später in fremden Sesseln, auf Stühlen oder sogar dem Boden, während seine Vergangenheit noch einmal an ihm vorüberzieht. „Broken Flowers“ ist ein menschliches Stilleben.

An dem Morgen, als Don von seiner jungen Freundin Sherry (Julie Delpy) verlassen wird, hat er einen rosafarbenen Umschlag in der Post. Der mit Schreibmaschine getippte Brief ohne Absender verkündet ihm, er habe einen mittlerweile 19 Jahre alten Sohn. Sein redseliger Nachbar Winston (Jeffrey Wright) kann den lethargischen Don überreden, sich auf die Suche nach der Mutter zu machen. Vier verflossene Lieben aus jener Zeit kommen in Frage. Don setzt sich in Flugzeuge und Mietwagen und kreuzt unangemeldet bei diesen höchst unterschiedlichen Frauen auf: Laura (Sharon Stone) ist ein prolliges Vollweib und zieht ihn noch mal ins Bett. Die eher verkrampfte Penny (Tilda Swinton) lebt mit einem schwatzhaften Gatten in einem mustergültig kitschigen und neureich sterilen Eigenheim. Carmen (Jessica Lange) ist eine esoterische Tiertherapeutin und lesbisch. Und die Rockerbraut Dora (Frances Conroy) lebt auf einer verwilderten Ranch. Don bringt jedesmal einen pinkfarbenen Blumenstrauß mit und fixiert bei jeder rosa Gegenstände oder Kleidungsstücke, rückt aber immer ohne Antwort ab.

Ohne eine Kamerafahrt hat Jarmusch ein Roadmovie inszeniert, in dem Bill Murray das Nichtstun zelebriert. Selbst wenn er lange Frauenbeine betrachtet, Lauras aufgekratzte Tochter Lolita mit dem Handy am Ohr splitternackt vor ihm herumhüpft oder genervt auf einen Jungen mit seinem Spielzeugpferd blickt, drückt er Irritation ohne mit der Wimper zu zucken aus. Wunderbar ist der Running Gag mit dem Namen: „Don Johnston – with a t“, wiederholt er ständig monoton, weil ihn Fremde mit dem Action-Darsteller Don Johnson verwechseln. Der reine Leerlauf sind auch die Gespräche mit den Frauen, doch Murray und Jarmusch ziehen daraus eine grandiose Komik. Am Ende kommt Don dann doch noch aus sich heraus, drängt er sich einem adoleszenten Tramper auf und läuft los – als habe er begriffen, wieviel er aufzuholen hat. Ein mitreißender Film über den trägen Fluß des Lebens.

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