Bryan Adams / George Michael

18 Till I Die / Older

Polydor und Virgin

So ist das Leben. Der eine beschwört die ewige Jugend, der andere manifestiert die Frühvergreisung. Gemein haben Bryan Adams und George Michael nur die überfallartige Plattenveröffendichung und den megalomanischen Erfolg. Wobei Adams bloß die Balance zwischen saftigem Gitarrenkracher und rauhgeraspelter Liebesballade halten muß, während Michael nach seinem Schauprozeß um die Freiheit und den Wert des Künstlers sehr viele Alben absetzen muß, um der Plattenfirma Virgin zu danken, die ihn losgekauft hat.

„Older“ ist es nicht wert, das wundert nicht. Aber neuerdings gefallt es querständigen Eierköpfen und geschmäcklerischen Pop-Ideologen, den Schmalzier zur tragischen Figur zu stilisieren. Bei George Michael (Leidensbart, dämonischer Trauerblick, Büßerhaarschnitt) vermuten sie den großen Kampf des um Autonomie, Selbstbestätigung und Würde ringenden Popstars. Tatsächlich kämpft Michael aber bloß um Geld, Ruhm und Macht. In den Besprechungen heißt es gern, dieser und jener Song seien gar nicht so schlecht, wenn auch vielleicht nicht so gut, wie .Jesus To A Child“ erwarten ließ, und auch nicht so gut wie dieser oder jener Song von Risten JVithout Prejudice“, das ja mißglückt war, aber viel interessanter als ,JFaith“, auf dem freilich diverse tolle Hits waren.

„Older“ enthält bittersüße Edelschnulzen und zickige Fitneßstudio-Grooves in absichtlich dünn und schmierig gehaltenen Arrangements, alles aalglatt ästhetisiert; dazu die handelsüblichen sauren Gedanken über Liebe, Vergänglichkeit Glück, Altern und schnellen Sex. Wer hört eigentlich solche Musik? Seien wir ehrlich: George Michael war großartig, als er „Club Tropicana“, „Wake Me Up Before You Go-Go“ und „Last Christmas“ sang. Er hätte den Leichtfuß Andrew Ridgeley halt nicht den Autorennen überlassen sollen.

Eine fast noch traurigere Karriere hat Bryan Adams hinter sich. Der Kanadier ist 18, seit er 16 ist, und besang schon vor zehn Jahren den „Summer Of ’69“ als Brennpunkt aller ewigpubertären Träume. Als zernarbter Gitarrenholzfäller war er schon ein Rockstar, aber Robin Hood gab ihm den zweiten Atem und das Mainstream-Publikum, und von der „Goldenen Stimmgabel“ bis zum „Bambi“ paßt heute jeder Preis auf seinen Kopf. Trotzdem ist er etwas sehr Kostbares geblieben, der ehrliche Rocker nämlich, und deshalb läßt er auf „18 Till I Die“ auch kreuzbieder und steinsolide die Sau raus; die Parole lautet: „Well I don’t look good in Armani suits/ No Gucci shoes – or designer boots.“ Die Wahrheit ist natürlich, daß in Armani-Anzügen jeder gut aussieht, und verdammt, diese weiße Hose unter entblößtem Adams-Oberkörper neben Tierschädel an der Wand – wer hat sie wohl geschneidert?

Adams‘ Sehnen und Trachten hat sich seit der Jugend nicht geändert Die quadratschädelige Sturheit, mit der Adams den eigenen Stillstand zelebriert, gebietet Ehrfurcht. Themen diesmal: „The Only Thing That Looks Good On Me Is You“, „Do To You“, „(I Wanna Be) Your Underwear“, „Let’s Make A Night To Remember“, „I Think About You“, „You’re Still Beautiful To Me“. Und „Have You Ever Really Loved A Woman?“ (pizzikates Gitarrenspiel!) ist auch dabei. Stimme heiser, Band gut drauf.

Es wird noch einmal eng für Jon Bon Jovi.