Charles Bukowski :: Noch mehr Aufzeichnungen eines Dirty Old Man

Bukowski liebte seine Kolumne „Notes of a Dirty Old Man“. Er unterhielt sie von 1967 bis 1976 in diversen US-Underground-Blättern, und sie begründete auch insofern seinen Weltruhm mit, als der markige Titel ihn leichter zum Markenprodukt machte. Nach dem Besuch der Pferderennbahn setzte er sich an die Maschine, „und das Schreiben erledigte sich von selbst“, konstatiert er im Vorwort zur Buchausgabe. „Ich saß einfach am Fens­ter, kippte mein Bier und ließ es kommen.“ Die Kolumne war vermutlich der adäquateste Aggregatzustand seiner Produktion, weil sie ihm absolute Freiheit ließ und alles aushielt, was sein kranker Geist ihm eingab. Die bekannten Geschichten von desolaten Zechtouren, Kneipenschlägereien und Schmuddelsex mit psychotischen Weibern. Hassgetränkte Kindheitserinnerungen. Polemische Ausfälle gegen die Eierköpfe der  Mainstream-Literatur, aber eben auch liebevoll-sarkastische Porträts seiner Hausheiligen. Einigermaßen krude, sich mit allen politischen Gruppierungen verscherzende Besinnungsartikel zur Lage der Nation. Und immer wieder obsessive Selbstgespräche über sein Leben und seine Rolle als Schriftsteller am Rande der Gesellschaft.

Was es bisher unter dem Titel „Aufzeichnungen eines Dirty Old Man“ in Buchform zu lesen gab, war eine von Bukowski selbst getroffene Auswahl. Jetzt hat der Buk-Kenner David Stephen Calonne weitere Kolumnen und artverwandte Texte in einem zweiten Band versammelt. Der gehört unbedingt dazu, weil er noch deutlicher zeigt, was sich der Kolumnist alles leisten konnte. Reportagen in Gonzo-Manier haben ebenso Platz wie ein Interview mit seinem ersten Verleger Jon Webb, Tagebuchnotate und sogar Aphorismen. Aber egal welches Genre er sich anverwandelt, er dreht es erst mal richtig durch den Wolf und macht sein ganz eigenes „Dirty Old Man“-Ding daraus. (S. Fischer, 19,99 Euro)

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