Damien Dempsey Shots

Natürlich ist es wieder Gouverneur Morrissey – irisches Blut! -, der uns diesen Naturburschen nahebringt. Damien Dempsey ist ein Wunderknabe, der nach einer ersten kleinen Platte lieber Boxer werden wollte (siehe Daniel Day-Lewis in „The Boxer“) und damit ein anderes irisches Klischee erfüllte. Vor zwei Jahren nahm der noch immer junge Bursche dann doch sein Debüt-Album auf, „Seize The Day“, und rief damit Stephen Morrissey auf den Plan.

Kristallklar sang hier jemand im Dialekt seiner Heimat zu tolklonstischen Weisen – und doch erinnerten Zungenschlag und Backbeat an den Dub-Reggae von Jamaika, der emphatische Vortrag an Linton Kwesi Johnson. Dempsey brennt und predigt und eifert wie jener große Poet, beseelt, gebetshaft, pathetisch. Zugleich Volkskunst und Pamphlet, war „Seize The Day“ von der Ursprünglichkeit und Ironiefreiheit, die Morrissey nur ganz am Anfang hatte, vielleicht bei „Reel Around The Fountain“ und „Back To The Old House“. Dempseys herrliches „Hold Me“ erinnert an Morrisseys weiche Momente, mehr noch aber an Gene.

Dempsey ist die Naivität geblieben. „Sing All Our Cares Away“, „St. Patrick’s Day“ und „Colony“ lassen an Filme mit Liam Neeson und Harrison Ford denken, in denen die Iren immerzu gemütvoll Bier trinken, laut auf England schimpfen und mehr oder weniger heimlich die IRA unterstützen. Auch John Lennon soll für so viel Heimatgefühl eine Schwäche gehabt haben. Drei Seiten im Booklet sind mit Danksagungen, mit Namen vollgeschrieben.

Wenn Dempsey nun auf „Shots“ rezitiert und sich mit den Indianern identifiziert, erinnert er an die Dub-Künstler ebenso wie an die HipHopper der feierlichen Art. Ja, das ist Weltmusik der Unterdrückten, aber vor allem ist es großartige Musik. Und schon ist auch Brian Eno zur Stelle, spielt Keyboards, singt mit. Damien Dempsey wird aufpassen müssen im großen London.

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