David Bowie – David Live/Staqe

Man kann hier noch einmal nachhören, wie Bowie binnen vier Jahren vom Eklektiker zum Visionär wurde, ein wenig übertrieben gesprochen. Zwischen „David Live“, 1974, und „Stage“, 1978, lagen die Alben „Station Tb Station“, „Low“ und „Heroes“, die freilich Bowies größte geblieben sind, dazwischen lagen auch Los Angeles, Berlin, Brian Eno und ein Drogenrausch von Station zu Station. Tony Visconti hat die beiden Doppel-Alben produziert, nun überarbeitet, die Songs in die urspüngliche Reihenfolge versetzt und einige Erinnerungen an die Tourneen notiert.

„David Live“ (3), aufgenommen in Philadelphia, ist der Bowie von „Ziggy“, „Aladdin Sane“, „Diamond Dogs“und natürlich „Young Americans“. Die Liebe zum Rhythm & Blues blieb indes unerwidert, wenn Bowie „Knock On Wood“ und „Diamond Dogs“ sang, dazwischen noch einmal „Space Oddity“, am Ende „Rock’n’Roll Suicide“. Natürlich spielte Earl Slick seine kunstfertigen Soli, David Sanborn bediente auf Bestellung Saxophon und Flöte, bei einigen Konzerten (die nicht aufgezeichnet wurden) trommelte Andy Newmark. Berührend war Bowie aber ausgerechnet bei so wenig legendären und spektakulären Stücken wie „Big Brother“ und „Time“.

Dagegen ist Bowie bei „Stage“ auf dem Gipfel seiner Kunst. Visconti schreibt, wie er am Bühnenrand neben Yoko Ono und Andy Warhol stand und staunte. Hier ist die restaurierte Reihenfolge durchaus entscheidend: Schon der atmosphärisch frösteln machende, elegische Auftakt mit Enos „Warszawa“ kündigt einen Abgesang an, ein Requiem für das alte Europa. Der Futurist Bowie, damals in Nazi-Uniform fotografiert wie jüngst der Bengel von Prince Charles, träumte sich zurück in ein Berlin, das er nie gekannt hatte, und singt eine todessüchtige, aufgekratzte Fassung des „Alabama Song“. Von schmerzlicher Schönheit ist das emphatische , ,Five Years“. In „Fame“ und „Star“ reflektiert Bowie über die längst abhanden gekommenen Grenzen seines Schaffens und seiner Karriere, stellt Hybris und Paranoia zur Schau. Im ekstatischen, großartigen „Blackout“ fleht er „Give me some direction, give me protection“.

Das unheimliche Georgel von „Sense Of Doubt“ und das triumphalistische „Speed Of Life“ öffnen noch einmal Andachtsräume wie später auch „Art Decade“, bis der Sog des rasenden Zuges alles mit sich reißt – in den tröstenden Wahnsinn, in den Zerfall, ins Weiße Rauschen: Es fährt ein Duke nach nirgendwo. „Station To Station“, das unfaßbar euphorisierende, kreischende, bollernde „Stay“. schließlich „TVC15“. Carlos Alomar und Adrian Belew liefern die fulminanteste Gitarren-Arbeit, die je auf einem Live-Album zu hören war.

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