David Bowie

Sound and Vision

Eine Review von 2014: Bowies große Werkschau "Sound and Vision"

Unglückliches Timing: Wenige Wochen war die Ankündigung alt, dass Bowies „Sound + Vision“-Box neu aufgelegt wird. Dann folgte die Bekanntmachung für die im November erscheinende Werkschau „Nothing has changed“, die mit dem bisher unveröffentlichten Song „Sue (or In A Season Of Crime) sowie der Umfangsangabe „1964-2014“ ein breiteres Spektrum umfassen wird als jene, erstmals 1989 veröffentlichte Sammlung.

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Die „Sound + Vision“-Tracklist, die auf vier Discs 70 Original-Songs, Remixe und Live-Versionen von 1969 bis 1993 umfasst, ist dennoch mehr als beeindruckend, wenn auch aus den falschen Gründen. Das Label Rykodisc plante Ende der 1980er Jahre Neuauflagen von Bowie-Alben, diese Box sollte deshalb keine „Greatest Hits“ abbilden, sondern durch seine kuriose Auswahl Lust machen kommende Überarbeitungen zu kaufen, wie „Low“. Dass hier mit „Moonage Daydream“ der einzige (!) „Ziggy“-Song enthalten sein würde, ist schade – allerdings ist diese glamouröse Hymne an den Sex („Don’t fake it baby, lay the real thing on me“) auch sein bestes Lied dieser Ära. Und Bowies Signaturstück, „Heroes“ gibt es hier gar nur in einer gekürzten deutschsprachigen Version: „Helden“. Warum auch nicht!

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Der größte Gewinn an dieser Kollektion sind die vormals nicht und danach auch nie wieder woanders verfügbaren Outtakes. Der Soul-Pop von „After Today“ wurde 1975 aus „Young Americans“ extrahiert, vielleicht, weil er zu unbeschwert klang. Das als Discostück arrangierte Springsteen-Cover „It’s Hard To Be A Saint In The City“ tauschte Bowie 1976 auf „Station To Station“ gegen eine andere, sanftere Hommage aus, „Wild Is The Wind“ von Dimitri Tiomkin and Ned Washington.

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Großes Selbstbewusstsein wird auf der vierten Disc präsentiert, die jene Phase umreißt, die von den meisten Bowie-Fans abgelehnt wird: Achtziger, Neunziger. Neben dem bewegenden, aber unprätentiösen Anti-AKW-Song „Time Will Crawl“ (1987) gibt es gleich sechs Stücke von Bowies Band Tin Machine zu hören – noch immer unentschlossen klingender Rock and Roll. So versammelt diese Box leider nicht die allerbesten 70 Stücke. Aber machen solche mutigen Brüche nicht gerade den Reiz einer Song-Biografie aus?