„Some Great Reward“ von Depeche Mode: volle Ladung Werkzeuge!

Mute

Wir hörten einen cleveren Zusammenschnitt aus Tockern und Schlagen, Aufeinanderprallen und Ablösen, Metall auf Metall, dazwischen Luft, das einen ganz eigenen, von niemand anderem je reproduzierten Rhythmus ergibt.

Bis heute existiert das lustige Gerücht, dass all die Maschinenklänge, das Seufzen, Hämmern und Pressen auf „Some Great Reward“, eigentlich den Einstürzenden Neubauten vorbehalten waren. Die Band um Blixa Bargeld aber soll mit den Sounds, die Produzent Gareth Jones mit ihnen erarbeitet hatte, nicht einverstanden gewesen sein. Und so habe Jones sie für Depeche Mode verwendet, als sie mit ihm in den Berliner Hansa Studios 1984 Teile von „Some Great Reward“ aufgenommen hatten.

Auf dem Song „People Are People“, der den Briten ihre erste Nummer eins in den deutschen Single-Charts brachte, hören wir diesen cleveren Zusammenschnitt aus Tockern und Schlagen, Aufeinanderprallen und Ablösen, Metall auf Metall, dazwischen Luft, das einen ganz eigenen, von niemand anderem je reproduzierten Rhythmus ergibt; bei „Blasphemous Rumours“ scheinen die Musiker gar auf Stahlplatten einzuhauen. „Something To Do“ eröffnet die Platte mit einer Art bösartig klingendem Wasserstrahl.

Adé, Synthi-Popper!

Seit ihrem Debüt „Speak & Spell“ von 1981 bis Mitte der 90er Jahre haben Depeche Mode ihren Erfolg und Ruhm mit jedem Album steigern können. Auch, wenn das Songmaterial von „Some Great Reward“ nicht an die Phalanx der ewigen Top 4  aus „Black Celebration“, „Music For The Masses“, „Violator“ und „Songs Of Faith and Devotion“, (1986-1993) heranreicht, ist es in der Entwicklung der Band doch ein wesentliches Album. Nicht nur, weil die Arrangements ausgefeilter wurden, auch die Themen gerieten noch schärfer. S&M, wie in „Master and Servant“ und die Abkehr von Gott „Blasphemous Rumours“ stehen im Vordergrund. Depeche Mode wurden endgültig zu einer dunklen Band, der Begriff „Synthi-Popper“ erschien da fast wie eine Beleidigung. Bis zu „Home“ von 1997 sollten sie kein optimistisches Stück mehr veröffentlichen.

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Vor allem markiert „Some Great Reward“ den endgültigen Durchbruch für den schüchtern wirkenden Martin Gore. Stammten die Lieder eh schon seit Jahren nur aus seiner Feder, veröffentlichte die Band mit „Somebody“ auch die erste Single mit ihm als Leadsänger (Doppel-A-Seite mit „Blasphemous Rumours“). Die Klavierballade ist jedoch nur vordergründig freundlich; in der zweiten Songhälfte macht Gore sich gar lustig über den Schönklang: „though things like this make me sick / in a case like this I’ll get away with it.“

Wer Depeche Mode danach auf ihrer „Some Great Reward“-Tour live sah, durfte sich auf die volle Ladung Werkzeuge und Apparaturen gefasst machen: Metallrohre, Wellblech und Fahrradreifen. Es klang, natürlich, großartig.