Diverse – The Golden Age Of American Rock’n’Roll – The Follow-Up Hits :: Ein bunter Nachschlag zu der beliebten Klassiker-Reihe

Die Idee hinter dieser neuen Folge der „Golden Age“-Serie ist schon amüsant, denn es gab ja mal eine Zeit, in der nicht immer gleich klingendes Gesülze aus irgendwelchen „American Idol“- oder „DSDS“-Shows für Hitparadenerfolg bürgte, sondern sich Songschreiber mit ein paar originellen Einfällen profilieren mussten, wenn ihr Klient keines dieser one hü wonder bleiben sollte. Dass die B-Seite der Single der nächste Hit wurde, war die absolute Ausnahme. Wenn sich nicht der Plattenboss persönlich um sein neues Sanges-Wunderkind kümmern konnte, stellte er zumindest A&PR-Leute ab, die sich aus dem immer neu gelieferten Material von Komponisten-Teams auszusuchen hatten, was womöglich der nächste Ohrwurm sein dürfte.

Verblüffend ist dabei im Rückblick noch immer, wie oft man die Idee eines Soundalike-Plagiats nach dem scheinbar patentierten Erfolgsrezept verwarf. Denn die erwiesen sich zumal angesichts der großen Konkurrenz — und es waren die vielen Indie-Firmen, die mit ihren Singles die Hitparaden dominierten! – öfter als gnadenlose Flops. Weshalb bei dieser Folge „Follow-Up Hits“ ausdrücklich nicht identisch ist mit den Folge-Singles der betreffenden Interpreten, sondern den Aufnahmen, mit denen sie es erneut

in die Hot ioo100 der US-Hitparade schafften.

Vielleicht nur bis auf Platz 55, wie Ernie K. Doe nach seiner sensationellen Nr. 1 „Mother In Law“ mit „Te-Ta-Te-Ta-Ta“, aber immerhin. Allen Toussaint hätte sich ja auch irgendwie „Father In Law“ einfallen lassen können. Aber das wäre bestenfalls als einer dieser Antwortsongs von einem weniger bekannten „Konkurrenten“ durchgegangen, ansonsten eher lächerlich gewesen. Deswegen war auch „(I Wanna) Dance With The Teacher“ für die Olympics „not a doppelganger for ,Western Movies'“, wie die Liner Notes anmerken, sondern in mancher Hinsicht stilistisch Neuland für das Vokalquartett.

Eines gewissen Doppelgänger-Effekts, der für hohen Wiederkennungswert sorgte, kann man schon eher Danny & The Juniors bezichtigen bei „Rock And Roll Is Here To Stay“. Denn das war in den ersten Takten des Intro praktisch identisch mit dem zu ihrem Nr. i-Hit „At The Hop“. Allen notorischen Klagen und erfolgreichen Prozessen wegen flagranter Copyright-Verletzung (sprich nachweislich schieres Imitat) zum Trotz bediente man sich öfter generös bei erfolgreichen Konkurrenten.

Mit dem später mal von den Mamas And Papas aufgenommenen „Do You Wanna Dance“ hatte Noch-Teenager Bobby Freeman 1958 einen großen Hit landen können. Weil ihm auf Anhieb kein gleichwertiger Ohrwurm einfiel, ließ er sich für die nächste Single „Betty Lou Got A New Pair Of Shoes“ von Little Richard inspirieren. Obwohl kaum zu überhören ein „Keep A Knockin'“-Plagiat und „gloriously dumb“ im Text, wie die Herausgeber süffisant anmerken, hinderte das Neil Young nicht daran, diese Nr. 37 der Hitparade als ersten Song auf seinem Album „Everybody’s Rockin“ zu bringen. Damit wollte er wohl bei der Platte zunächst mal alles klargestellt wissen.

Problematisch wie immer gestaltete sich auch für Mickey & Sylvia die Wahl, als es um den Folge-Song zu „Love I Strange“ ging. Die fiel auf den prima tanzbaren „There Ought To Be A Law“-Calypso. Den praktisch als Doppelgänger zum Hit geschriebenen „Dearest“ brachte man auf der B-Seite unter. Was wiederum, wie Tony Rounce in den Liner Notes mutmaßt, dazu führte, dass der mindestens so einschmeichelnde Ohrwurm es n icht über Platz 47 hinaus schaffte. Die Discjockeys spielten nämlich parallel dauernd die B-Seite und killten damit das große Hit-Potenzial von „There Ought To Be A Law“.

In manchen Fällen war es dann auch schier unmöglich, sich nicht zu wiederholen. „Tear Drop“ von Santo Johnny wurde ganz klar als „Sleep Walk Revisited“ gestrickt. Etwas waghalsig erscheint dagegen die Behauptung, „Some Kinda Fun“ sei der noch bessere Song als „Let’s Dance“ gewesen. Mit der Debüt-Single hatte es der von Ritchie Valens protegierte Ezekiel Christopher Montanez in Amerika auf Platz 4, in England glatt auf Platz 2 der Hitparade gebracht. „Some Kinda Fun“ schaffte es mit seinen Chuck Berry-, „Twist And Shout“- und Goffin/King-Anspielungen in USA nur noch auf die hinteren Plätze, in England aber auf Platz 10 und ebenso viele Wochen in die Hitparade. Allerdings wirklich auch nichts, was man angehenden Songpoeten zum genaueren Studium empfehlen würde.

Wie risikofreudig und wandlungsfähig man sein musste, beweist hier „No One Knows“, für Dion DiMucci und seine Belmonts nach dem Hit-Debüt mit „I Wonder Why“ eine ganz andere Baustelle, statt Doo Wop eine erstklassige Edelschnulze, hochkarätig wie manche späteren von Elvis. Nach „Endless Sleep“ mochte auch Jody Reynolds nicht eine Doublette des Death-Rock-Klassikers abliefern. „Fire Of Love“ sang er aber nicht minder emotional engagiert.

Absolut zutreffend ist hier der Untertitel „Hard-to-Get Hot 100 Hits“. Auch Kennern bietet die CD viele Raritäten. Und zu jeder Aufnahme viele Erläuterungen, so dass man bei denen wieder viel Wissen schlürfen kann.

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