DUFFY – I Love My Friends :: Cooking Vinyl/Indigo

„I was born in poverty, but when I was about nineteen I wrote a song called ‚Kiss Me‘ and soon it was pay day.“ Nachdem jemand am Radio gedreht hat und wir sein bisheriges musikalisches Schaffen 36 Sekunden lang noch mal erleben dürfen, sind das die ersten „neuen“ Worte des Stephen „früher Tin Tin“ Duffy. Tatsächlich – völlig unverschlüsselt erzählt er sein Leben in seinen Songs, denn es geht gleich weiter: „It seemed to be The Lilac Time, but when the Lilac died I went back to town and cried.“ Das macht den Biographen überflüssig und den Künstler sympathisch.

So war das also mit dem Mann, der eigentlich Simon Le Bon sein sollte und mit Duran Duran nur noch pay days hätte erleben können! Doch das Musikbusiness gönnte ihm keinen Hit mehr, weder unter seinem eigenen Namen, noch unter dem seiner Band The Lilac Time, mit der er mit entrücktem Blick durch die grünen Auen streifte, dabei Simon 8C Garfunke! nachstellte und Mädchen beobachtete, die vorbeifahrenden Zügen nachwinkten. Eine herrliche Zeit auch für seine Zuhörer.

Auch die neue Platte sollte ursprünglich bei einem Major erscheinen. Glücklicherweise sprang „Cooking Vinyl“ in die Bresche, mittlerweile so etwas wie die Zentrale der grauen Panther des Prä-Britpop: The Wedding Present, XTC und Billy Bragg fanden hier ein neues Zuhause. Stephen Dufly ist alles – nur kein alter Sack, der der Vergangenheit und verpaßten Gelegenheiten nachtrauert. Er sieht viel jünger aus, als es sein Paß angibt; er klingt viel jünger, als er klingen sollte. Seine Songs passen aber nicht wirklich in diese Zeit, obwohl er natürlich starke Anleihen bei der Szene macht, die er 1995 im Stück „London Girls“ verhöhnte. Stephen Street, Mr. Alleskleber zwischen den Smiths und Blur, co-produzierte denn auch, ebenso halfen Andy Partridge (XTC) und Alex James (Blur), und es verwundert nicht, daß sich „You Are“ als offensichtliche Kopie des Hauruck-Sounds von Elastica und Sleeper herausstellt. Am besten ist Stephen Duffy, wenn er nicht versucht zu rocken (was er hier leider doch einige Male tut), sondern sich ganz melancholisch gibt wie bei „Twenty Three“ oder „The Postcard“. Gern läßt er die Streicher klagen oder wandelt auf den Spuren von Nick Drake. Dann sieht man ihn im Wald unter einem Baum sitzen, mit einem angefangenen Songtext auf seinen Knien, oder begegnet ihm als Moritatensänger in einem verschlafenen Örtchen in Mittelengland.

Seine Freunde liebt man, das ist so. Aber manchen Freunden begegnet man nie im wirklichen Leben, sie sprechen zu einem nur aus Büchern oder von Platten. Wie eben Duffy. Und irgendwann feiert man Wiedersehen mit sehr guten Freunden nicht mehr mit Drei-Tage-Zechgelagen, sondern geht es ein wenig gemäßigter an. Ein gemütliches Beisammensein reicht zum Wohlfühlen. Ein gemütliches Beisammensein wie „I Love My Friends“.

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