Faith No More

King For A Day, Fool For A Lifetime

Warner

Wie haben sich alle aufgeregt, ein ganzes, langes Jahr lang: Jim Martin ist bei Faith No More rausgeflogen! Sie wissen schon, da ist dieses etwas verwegen-verwirrt dreinblickende, langhaarige, bärtige Wiesel mit Flying V-Gitarre und karminroter Banker-Brille. Stimmt, ein Outfit mit Widersprüchen und Abgründen. Er habe nichts mehr zum kreativen Wohl der Band beigetragen, heißt es. Martin war’s zufrieden, Faith No More seien ihm ohnehin seit dem letzten Album „Angel Dust“ (1992) viel zu wenig Rock’n’Roll. Den fand er dann wieder. Erstaunlicherweise bei der zweiten Platte von Boas Hack-Trash-Projekt Voodoocult. Aber Faith No More machen Lärm, als sei nichts gewesen. Zum Glück gibt es noch andere Heinis, die gut Gitarre spielen und komisch aussehen. Beim neuen Album heißt der Mann Trey Spruance, eigentlich Gitarrist bei Mike Pattons wirrem Nebenprojekt Mr. Bungle. Für die anstehende Tournee wurde aber Roadie Dean Menta zum Ersatz befördert. Ob der dann der neue Klampfer bleibt, ist ungewiß.

Und? Sind Faith No More jetzt noch „Rock’n’Roll“ oder nicht? Dem Himmel sei’s getrommelt: Ja!

„King For A Day, Fool Tor A Lifetime“ ist, diese berüchtigte Musiker-Phrase bemühe ich hier äußerst ungern, das beste, vielseitigste, erhabenste Album, das Faith No More je gemacht haben. Meist gibt’s harte, gewohnt komplex arrangierte Kost: ordentlich Trash-Metal-Geriffe bei „Get Out“, „Ricochet“, „The Gentle Of Making Enemies“ und „Cuckoo For Caca“. Ein straighter Punk-Rocker wie „Digging The Grave“ darf es zwischendurch auch mal sein. Ästhetisch: die Ballade „Take This Bottle“ und das Salsa-mäßige „Caralho Voador“. Dann ein Abstecher zu Soul und Jazz mit „Star A.D.“. Nur zwei Stücke hätten auch auf dem „poppigen“ letzten Album sein können: die beiden epischen „King For A Day“ und „Just A Man“.

Sänger Mike Patton glänzt durchweg. Für den Hauch eines Momentes klingt er tatsächlich so weich und zart wie Barry White. Dann wieder ein röchelndes Geschrei und Würgen, als hätte Patton ein Jahres-Abo in Kafkas Strafkolonie gewonnen. Condusio: Gibt es nicht. Wozu auch? Geld zählen, kaufen.