Gruff Rhys – Candylion

Zuletzt war Gruff Rhys wieder vermehrt mit den Super Furry Animals auf Tournee, die ihr ohnehin recht frischwärts klingendes Material mit äußerster Vorliebe sehr laut und sehr Uptempo spielten. In dieser Zeit reifte bei dem Sänger die Vorstellung, sein zweites Solo-Album doch lieber rein akustisch zu halten. Ein Vorhaben, das sich jedoch schnell wieder erübrigte. Stattdessen baute er zu seinen Song-Fragmenten kleinere Soundscapes und griff ein wenig in die Psychedelia und Sample-Kiste.

„Candylion“ wurde zunächst im Studio von Animals-Hausproduzent Gorwel Owen im walisischen Llanfaelog innerhalb von nur zwei Wochen aufgenommen. Anschließend machte Rhys einen kurzen Zwischenstopp in Brixton, um sich von Sean O’Hagan (genau, dem von den High Llamas) die passenden Streichersätze verpassen zu lassen. Den letzten perkussiven Schliff bekamen die Songs jedoch in Rio de Janeiro, wo sich Tonmeister Mario Caldato auch um den finalen Mix kümmerte. Und dann berichtete Rhys, wie intensiv er während der Sessions The Jesus And Mary Chain und Happy-Hippie-HipHop a la De La Soul gehört hat.

Was sich auf dem Papier also nach einem sehr breiten Stilmix anhört, ist im Ergebnis ein überschaubares und eher durchwachsenes Folk-Kleinod geworden. Da wäre zum Beispiel das ausgetüftelte und über 14 Minuten lange „Skylon“, in dem Rhys die Rolle eines Sprengstoffexperten und Superhelden übernimmt und ein Flugzeug vor der Explosion retten möchte (also ein politisches Lied). Bitte selbst anhören, wenn mal viel Zeit ist. Doch der Song bleibt eher die Ausnahme, denn die anderen elf Stücke sind nicht nur erheblich kürzer, sondern leiden zum Teil auch unter einer recht spröden Schläfrigkeit. Wie das Titelstück etwa, das gefällig vor sich hinplätschert.

Anderes ist besser, etwa „Lonesome Words“, bei dem Sängerin Lisa Gen im Hintergrund bildhübsch den Mond anheult und das durch die geloopten Drums erfreulich an Prägnanz gewinnt. Mehr davon! Oder das niedlich glimmende „Con Carino“, von Gen und Rhys in Sprachkassetten-Spanisch gesungen, die Backgroundstimmen leicht elektronisch verfremdet und deswegen sicherlich auch mit Haltbarkeit. „Beacon In The Darkness“ gewinnt durch den passgenauen Einsatz einer Pedal-Steel. Dagegen lässt „Gyrru Gyrru Gyrru“ – eines der beiden auf walisisch gesungenen Titel – Zweifel aufkommen. In bester Beck-Manier werden hier geschickt Folk, Tropicalia und Elektronik vermischt – ein interessantes Klangbild, aber vom Songwriting her zu belanglos.

Und doch ist „Candylicm“ im Vergleich zu „Yr Atal Genhedlaeth“ geschlossener und durchaus nicht nur als ein Nebenwerk zum Super Furry-Output zu sehen. Einen halben Stern extra für den Wagemut, eine komplexe musikalische Vision, die nicht unsere sein muss, ambitioniert umzusetzen.

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