Headhunters :: Regie: Morten Tyldum

Er sei 1,68 m groß und man brauche keinen Psychologen um zu wissen, dass dies kompensiert werden müsse, stellt Roger Brown (Aksel Hennie) sich mit einer Selbstironie vor, die ebenso stark ausgeprägt ist wie sein Selbstbewusstsein. Er ist verheiratet mit der blonden Künstlerin Diana (Synnøve Macody Lund), die ihn um mindestens einen Kopf überragt, und logiert mit ihr in einer Villa, die sein Einkommen weit übersteigt. Überheblich sortiert er als Personalberater auch die Kandidaten für lukrative Führungsposten aus. Einen dafür mehr als geeigneten Mann, der sich selbst beworben hat, lässt er mit der Belehrung abblitzen, man steigere seinen Marktwert nur durch Empfehlungen anderer. Roger stutzt sich seine Mitmenschen zurecht, hat immer das letzte Wort.

Regisseur Tyldum zeigt in seiner Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Jo Nesbø einen Typen, der das kapitalistische Prinzip ähnlich rücksichtslos lebt wie Gordon „Gier ist gut“ Gekko aus „Wall Street“. Selbst Dianas Liebe glaubt Roger sich mit teuren Geschenken erkaufen zu müssen, ihren Kinderwunsch dagegen weist er kühl zurück. Den Luxus finanziert er mit dem Diebstahl von Gemälden. Dabei hilft ihm Ove (Eivind Sander), ein proletarischer Simpel mit Hang zu Knarren und russischen Nutten, den er bei einer Sicherheitsfirma eingeschleust hat. Und als Diana ihm erzählt, in der Wohnung des Geschäftsmanns Clas Greve (Nikolaj Coster-Waldau) stünde ein lange verschollenes Werk von Rubens, sieht Roger sich am Ziel seiner Träume. Stattdessen beginnt jedoch ein Albtraum, den der Film mit perfider Lust vorbereitet.

Greve hat mal eine Firma gegründet, die mikroskopische Wanzen zur Ortung von Menschen entwickelt, und gehörte früher einer Spezialeinheit zur Terrorbekämpfung an. Er habe Dinge erlebt, die es in keinem Film zu sehen gebe, erzählt er Roger. Den aber ängstigt zunächst viel mehr, dass Diana sich zu dem attraktiven Kerl hingezogen fühlen könnte. Jeder Blick, jedes Wort zwischen dem Trio schürt raffiniert eine paranoide Spannung – bis das Psychoduell in einem schonungslosen physischen Zweikampf eskaliert.

Mit dem Rubens unterm Arm und Greve im Nacken rennt Roger panisch um sein Leben. Nie kann er seinen ruhig agierenden Verfolger abschütteln, mehrmals scheint er schon erledigt zu sein. Es ist eine atemlose, raffinierte, brutale Hetzjagd mit makabrem Humor, sehr viel Blut, einigen ekelhaften Momenten verzweifelter Selbstverstümmelung und falschen Fährten, die bis zum Schluss alles offenhalten. Und man leidet mit dem schmalen, blassen Bürschchen, das wortwörtlich in die Scheiße gerät, auf einen Schlag all seinen Hochmut verliert, zittert, weint, dennoch nicht aufgibt und dabei zu echter Größe findet. Es ist eine harte Lektion in Demut, die Roger bei diesem survival of the fittest widerfährt.

Mit dem archaischen Überlebenskampf zieht die doppelbödige Story eine geschickte Parallele zur modernen Arbeitswelt, die Roger als Headhunter repräsentiert. Im übertragenen Sinn geht er bei seiner Selektion genauso zynisch über Leichen wie der bewaffnete Headhunter Greve, dessen Mordmotiv am Ende den Kreis schließen wird.

Überragend, wie in „Headhunters“ mühelos Gesellschaftssatire, Ehedrama, Wirtschaftsthriller, Action und Horror zu einem komplexen, plausiblen Plot verknüpft werden. Nach dem weltweiten Erfolg der „Millenium“-Trilogie im vorigen Jahr beweist die letztlich kleine skandinavische Filmszene, dass sie auch weiterhin große Ideen hervorbringen kann.

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