Howe Gelb :: Hisser

Ein im Wohnzimmer erstelltes Frickel-Album des Giant Sand-Chef

Gleich die ersten Sekunden geben den Ton an: Da knistert es und rauscht es, als hätte man versehentlich Robert Johnsons historische Originalaumahmen von anno ’32 auf den Plattenteller gelegt. Die technologischen Errungenschaften der Zivilisation schnöde ignorierend, hat der alte Wüstenfuchs wieder mal an Ort und Stelle aufgenommen, im heimischen Wohnzimmer in Arizona also, mit dem vertrauten Vierspur-Gerät und einem knarzigen Instrumentarium, das nach einem Tropfen Öl geradezu schreit. Unterstützt von den obligatorischen „Freunden des Hauses“ (Calexico, Lisa Germano, Rosie Flores), entstanden dabei 22 erratische Etitüden, deren Reiz und Existenzberechtigung sich wohl nur dem gläubigen Giant Sand-Jünger erschließen.

Dass Gelb sein zweites Soloalbum dem verstorbenen Gitarristen Rainer Ptacek gewidmet hat, trägt nicht gerade zur Allgemeinverträglichkeit bei.

Moll ist Trumpf, Orgel, Mellotron und Theremin sorgen für eine selbstversunkene, fast schon sakrale Stimmung, die Gelbs lyrischen Halluzinationen vornehmlich als ein atmosphärischer Backdrop dient.

Keine Frage: Es gibt durchaus magische Momente, in denen die LoFi-Qualität der Aufnahmen das adäquate Ambiente für diese verschrobenen Songminiaturen liefert. Über weite Strecken aber erweist sich die musikalische Ziellosigkeit und mangelnde Selbstzensur schlichtweg als akustische Tortur: ein gar nicht enden wollendes Scheppern und Schrummeln, Rumpeln und Klimpern, das auch durch den wohl gemeinten Hinweis auf,»Authentizität“ und die bewusst eingesetzte Homerecording-Ästhetik nicht erträglicher wird. Die drei ßomts-Tracks, die der bislang nur in Skandinavien veröffentlichten – Originalaufnahme von 1998 beigefügt wurden, entpuppen sich da eher als bösartiger Malus.

Selbstkritik und Reduktion waren Gelbs Forte noch nie. Vielleicht sollte sich ein“Freund des Hauses“ doch einmal das Herz nehmen und ihm vorsichtig verklickern, dass unkontrollierte Blähungen stinken – selbst wenn sie von genialischen Menschen kommen.

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