Jackson Browne

Running On Empty

Die romantische Phänomenologie des Unterwegs-Seins

Bisher konnten wir „Running On Empty“ nur hören.

„Running On Empty“ nur hören, jene Tournee-Platte, die zugleich Rechenschaftsbericht ist und Zeitdokument. Jackson Browne dokumentiert hier in romantischer Manier die Usancen, Liebschaften und Ekstasen einer Konzertreise, in Sentiments wie „The Road“ und „The Load-Out“, in der Live-Aufnahme von „Running On Empty“. in der Satire „Cocaine“, die freilich so ganz und gar lebensecht erscheint.

Mit „Running On Empty“ endete und gipfelte 1977 nicht nur der erfolgreichste Teil von Brownes Karriere zugleich der künstlerisch fulminante. Die Platte ist auch ein Epitaph für die Songschreiber-Musik der 70er Jahre überhaupt, die Apotheose des Westcoast-Rock, der damals so wirkungsmächtig war. Die Musiker, die Jackson Browne regelmäßig versammelte, waren auch die Musiker von Gene Clark, Randy Newman, Jimmy Webb, von Crosby, Stills & Nash, den Eagles und später Rickie Lee Jones. Nach den Namen Danny Kortchmar, David Lindley, Russell Kunkel, Leland Sklar und Craig Doerge konnte man unbesehen Alben kaufen. Drei Jahre später, als Browne mit „Hold Out“ die Achtziger begann, wollte man nicht einmal mehr eine Browne-Platte hören.

Am Ende glorifiziert „Running On Empty“ natürlich alles, was es dokumentiert. Ikonoklastisch ist diese neue Edition man kann sich jetzt nicht nur den sorgfältig angefertigten Surround-Mix auf der DVD Audio anhören, sondern auch eine Montage der Fotos von Joel Bernstein anschauen. Zwei Songs, „Cocaine Again“ und „Edwardsville Room 124“, gibt es zusätzlich auf der DVD. Dazu paßt natürlich ein Aufsatz von Camcron Crowe über jene Zeit, als man nach einem wunderbaren Konzert noch lange Briefe an sich selbst schrieb. In seinem Film „Almost Famous“

auch ein langer Brief an ihn selbst hat Crowe diese Momente bittersüß überhöht, wenngleich mit Darstellern einer dumpfen Rock-Band.

Wir haben das Vinyl, wir haben die CD, nun haben wir die Nostalgie-Edition. Klingt lieblicher und lebendiger denn je. Und die damaligen Zimmernummern der Reisenden kennen wir jetzt auch. (WSM)