Jay-Z :: Kingdom Come

Der mächtigste HipHopper der Erde zeigt allen, wo's langgeht.

Jetzt mal Schnauze. Jay-Z hat genug Spott dafür bekommen, dass er nur drei Jahre nach dem tränenreichen Abschied doch wieder mit einer Soloplatte klingelt. Ein Gentleman hat doch das reale Recht, sich zwischendurch mal feiern zu lassen, wenn die Leute es nicht freiwillig tun. Und überhaupt singen Rapper ja schon „I’m back!“, wenn sie nur kurz auf dem Klo waren.

Jay-Z, 37 und als Chef von Def Jam Records der mächtigste HipHopper der Erde, geht algische Telefonzelle. Und kommt als Superman wieder raus, weil die Welt ihn braucht, ob sie will oder nicht. Dass es ihm bloß gestunken hat, als Funktionär nicht mehr so im Mittelpunkt zu — und tut es lustigerweise doch. „Farne is the worst drug known to man“, rappt Jay-Z großlippig zu Dr. Dres stolperndem Nightclub-Piano in „Lost Ones“ einem von vielen absolut großartigen Tracks auf „Kingdom Come“.

Was indirekt heißt: Andere Drogen hat er nicht mehr. Sein Mädchen —Beyonce —liebe die Arbeit ja mehr als ihn, seufzt er, bevor die kecke Chrissette Michelle wieder aus der abgewinkelten Hand den Refrain fallen lässt: „Sorry I’m a champion.“ Tja, den alten Bums hat er nicht mehr, denn heute er ist selbst ein alter Bums. „Kingdom Come“ ist das erste HipHop-Album über den langsamen Verlust des Ehrgeizes, das Gestrandet-Sein in der Lebensmitte, über die wahre Schrecklichkeit des Gefühls, alles erreicht zu haben. Und darin ist die Platte möglicherweise intelligenter als ihr Schöpfer, der im Zombie-Disco-Stück „30 Something“ ankündigt, er werde den grünen jungen Burschen jetzt mal zeigen, wie’s gemacht wird -und dabei so deutlich durchblicken lässt, wie sehr er darunter leidet, dass er den uncoolen Anzug auftragen muss und die dicke Hose an Trägern hängt.

Dementsprechend ist dies eine Sammlung aus brillantem Kitsch (das Eröffnungslied mit der säuselnden Oboe), satten Treffern (die Beiträge von Produzent Just Blaze haben eine Soul-Katapultwucht, die selbst dem Rapper etwas Angst zu machen scheint), verschattetem dark stuff(„Do U Wanna Ride“ mit John Legend) und wenigen Ausfällen, darunter der oberpeinliche Hurricane-Katrina-Rap „Minority Report“. Was fangen wir mit dem von Coldplay-Chris Martin produzierten „Beach Chair“ an? Für Leute mit Kapuzen wird es der letzte Dreck sein, für Leute in T-Shirts der schönste Dideldum-HipHop.

Das Musikgeschäft sei wie ein „Reise nach Jerusalem“-Spiel, rappt Jay-Z in „Hollywood“ das heißt wohl, dass man einen guten Sessel erwischen muss, wenn die Musik ausgeht. Dass er noch im Sitzen so groß ist, hätte keiner gedacht.

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