Jazz Racine Haiti :: Subtiler und doch eingängiger Voodoo-Jazz vom Saxofonisten

Wenn sich Dr. John ans Bühnenklavier setzt, hat der Night Tripper gerne seine Fetische dabei. Nichts gegen Amulette, Puppen und Swamp Funk – aber in New Orleans ist doch eher eine Hollywood-Variante von Voodoo populär. Wer sich für den eigentlichen „Vodou“ interessiert, ist auf Haiti besser aufgehoben.

Auch wenn der auf Guadeloupe geborene Saxofonist Jacques Schwarz-Bart 2011 erstmalig Jazzmusiker mit singenden und trommelnden Priestern zusammengebracht hat (auf der CD hat zumindest Erol Josué eine einschlägige Vergangenheit), bleiben der Gesang und die Rhythmen haitianisch – während die sechs Jazzmusiker in der Tradition von John Coltrane und Woody Shaw stehen. Was ihren zeitgemäßen Hardbop eng mit den archaischen Beschwörungsgesängen verbindet, ist eine hymnische Spiritualität, wie sie von Charles Mingus bis zu Abdullah Ibrahim im Jazz eine wesentliche Rolle gespielt hat.

Brother Jacques, erstmals vom Neo-Soul-Mann D’Angelo so genannt, ist ein Spätzünder. Mit 24 griff er erstmalig zum Saxofon und mischte vier Jahre später bereits bei Roy Hargrove und Meshell N’Degeocello mit. Den Plan, Voodoo mit Jazz zu verschmelzen, trug er viele Jahre mit sich herum. Schon Alben wie „Soné Ka-La“ (2006) und „Abyss“(2009) waren kreolisch geprägt. „Jazz Racine Haiti“ ist ein vor Kraft strotzendes und dennoch subtil lyrisches Opus, das verführerisch eingängig wirkt, obwohl die Harmonik nicht weniger komplex ist als die deutlich im Vordergrund stehenden Rhythmen, und Kollektivimprovisationen der Bläser eine spannende Rolle spielen.

Rätselhaft, dass der Urheber dieser soulful healing music im früheren Leben mal Verwaltungsbeamter war. (Motema/Membran) KLAUS VON SECKENDORFF

Dean Wareham

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