Jens Lekman :: I Know What Love Isn’t

Der clevere Stilist gibt sich direkter. Der Grund: ein wehes Herz

Ein teurer Anzug sieht erst dann so richtig gut aus, wenn man darin einmal mit Schmackes die Casinotreppe heruntergefallen ist. Jens Lekman wusste das immer schon, seine liebevoll polierten Song-Preziosen spielen stets dort, wo sich Überlebensgröße und Unzulänglichkeit, Pathos und Selbstironie ineinander spiegeln. Auch auf „I Know What Love Isn’t“, seinem ersten Album seit fünf Jahren, ist jede Harfe punktgenau platziert, strahlt jedes Mellotron genau dort, wo es hingehört. Und wieder hört man die Mühe und Sorgfalt, die den immer etwas konstruierten Zeilen des Schweden innewohnen: „Like a sinking rock, tied to the leg of a person/ I’d rather be a flat stone, skipping across the ocean.“

Doch diesmal ist etwas anders: War es früher gerade diese deutlich hörbare Gestelztheit und Geschraubtheit, die Lekman so viel mehr sein ließen als einen ambitionierten Neil-Hannon-Fan mit gutem Homestudio-Equipment, ist den neuen Stücken deutlich anzuhören, dass es ihrem Autor nicht allzu gut ergangen ist. Wenn man so will, ist „I Know What Love Isn’t“ ein „Blood On The Tracks“ für verzärtelte Pop-Dandys und somit eine ziemliche zwingende Angelegenheit.

Allzu viel Angst, man könnte es mit einer Bekenntnisplatte zu tun haben, sollte jedoch nicht aufkommen. Musikalisch geht es gewohnt in die Vollen: Lekman zitiert hier charmant Crooner-Pop, Brill-Building-Finesse, Style Council und, nun ja, Spandau Ballet. Dazu singt er von Schuppen und Scheinehen – vor allem aber von der schmerzhaften Erkenntnis, dass individueller Herzschmerz der Welt reichlich schnurz ist. Nun, der Welt vielleicht. Uns nicht, Jens! Der Anzug sitzt. Immer noch. (Secretly Canadian/Cargo) Eric Pfeil

Beste Songs: „Become Someone Else’s“, „The End Of The World Is Bigger Than Love“

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